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Heilung statt Effizienz

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Die meisten Krankenhäuser sind wirtschaftlich defizitär. Einige müssen schließen, andere werden von gewinnorientierten Unternehmen übernommen.
Von Paul-Philipp Braun
Der Anteil dieser sogenannten privaten Krankenhäuser stieg von 15 Prozent 1991 auf 40 Prozent in 2023. Konzerne übernehmen immer öfter das Geschäft mit der Gesundheit und machen aus Patienten Kostenfaktoren. Was dabei verloren geht, ist mehr als eine Trägerschaft: Es ist eine Haltung.
Der französische Ethnologe Marc Augé prägte 1992 den Begriff der „Un-Orte", Plätze ohne eine Identität, eine Geschichte, eine soziale Beziehung. Dazu gehören Tankstellen, Flughäfen – und eben auch Krankenhäuser. Funktionalität und Anonymität bestimmen sie. Heute lässt sich dort das allgegenwärtige Streben nach Effizienz ergänzen.
Diakonie und Caritas verfolgen eine andere Philosophie: Heilen bedeutet mehr als reparieren. Genesung braucht Zeit und Zuwendung, das Gespräch. Das wusste man schon in der Antike. Auch kommunale Krankenhäuser verstehen sich in der Regel als Teil des Gemeinwesens, nicht als Dienstleister im anonymen Markt.
Ausgerechnet in einer Zeit medizinischer Wunder reduzieren wir Heilung auf Kennzahlen und aufs Abrechenbare. Dabei ist bekannt, dass Genesung vor allem Beziehung braucht. Wer heilen will, sollte wissen: Kranke brauchen keinen Un-Ort, sondern Heilstätten.


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