Kommentar
Heilige Kuh

Von Gerd-M. Hoeffchen

Es ist absurd. Als in den vergangenen Wochen von verschiedenen Seiten wieder einmal der Versuch unternommen wurde, eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen ins Gespräch zu bringen, wurde der Vorstoß umgehend abgebügelt. Bundesministerien, Autoclubs und Fahrzeughersteller reagierten empört: Schon jetzt, so das Hauptargument, habe man in Deutschland die sichersten Autobahnen der Welt.
Ja, dafür können wir in der Tat dankbar sein. Aber ist das ein Grund, sich damit abzufinden, dass trotzdem und immer noch viel zu viele Menschen völlig überflüssigerweise sterben? Studien belegen es, Versuche auf Teststrecken beweisen es, die Polizei wird nicht müde, darauf hinzuweisen: Ein Tempolimit auf Autobahnen würde die Anzahl der Toten und Schwerverletzten noch einmal senken. Das ist seit Jahren bekannt. Doch die Reaktionen darauf sehen hierzulande stets gleich aus: ausblenden, abstreiten, verdrängen.
Was verstört, ist das gedankliche Niveau der Diskussion. Immer wieder werden ganz offenkundig fadenscheinige Argumente bemüht, um ein generelles Tempolimit zu verhindern. Lasst uns ehrlich sein: Wer schnell fahren will, tut das, weil er (oder sie) Spaß daran hat. Das ist ja nicht an sich schon schlecht. Aber es schadet anderen. Wir mokieren uns hierzulande über die USA und deren Vernarrtheit in Waffen. Dabei haben auch wir unsere heilige Kuh: nämlich die freie Fahrt für freie Bürger.
Bisher galt: Mit einem Tempolimit kann man in Deutschland keine Wahlen gewinnen. Aber die Forderungen nach einer Begrenzung der Raserei auf Autobahnen werden lauter. Der Wind könnte sich drehen. Drücken wir die Daumen.

Der Gastkommentator ist Chefredakteur der ev. Wochenzeitung »Unsere Kirche« aus Bielefeld.

Autor:

Online-Redaktion

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