«Es gibt eine Impfaufklärungspflicht»
Geimpften mehr Freiheitsräume eröffnen

Petra Bahr | Foto: epd-bild/Jens Schulze

Die evangelische Theologin und Ethik-Expertin Petra Bahr hat sich dafür ausgesprochen, gegen Covid-19 geimpften Menschen wieder mehr Freiheitsräume zu eröffnen. Dafür müsse feststehen, dass Menschen nach einer Impfung nicht mehr ansteckend seien. Das wisse im Moment aber noch niemand. In Pflegeheimen etwa, wo die Menschen am meisten unter den gravierenden Einschränkungen gelitten hätten, könne es mehr Freiheiten geben, wenn dort alle, auch das Pflegepersonal, geimpft seien. Die Hannoveraner Regionalbischöfin ist Mitglied im Deutschen Ethikrat.
«Auch für Kultureinrichtungen kann das irgendwann die Rettung sein», sagte die Theologin. Impfungen könnten etwa in Kombination mit Schnelltests für Nicht-Geimpfte dazu führen, dass wieder mehr Menschen einen Jazzclub oder ein Theater besuchen. Geimpften, wenn sie denn nicht infektiös seien, solche Freiheiten vorzuenthalten, sei dagegen keine Lösung.
Die Ethikerin warnte davor, Freiheitsrechte gegen gesellschaftliche Solidarität auszuspielen. Freiheit sei kein Privileg, für das man sich gegenüber dem Staat rechtfertigen müsse, sondern ein Menschenrecht, dessen Einschränkung der Begründung bedürfe. Wenn alle Bürger im Namen der Solidarität so lange auf Freiheitsräume verzichten sollten, bis die Impfungen beendet seien, könne das eine zynische Note bekommen: «Wollen wir einer 90-Jährigen sagen, sie solle noch einmal anderthalb Jahre warten?»
Zugleich forderte die Theologin eine breite Aufklärung der Bevölkerung über das Impfen: «Wie funktionieren die neuen Impfstoffe? Warum hilft Impfen nicht nur den Geimpften, sondern der Einhegung der Pandemie? Auf allen Ebenen müssen wir das erklären, von der Impfkampagne bis zum Zweiergespräch beim Hausarzt.» Nur so könnten Impfskeptiker vom Nutzen einer Impfung gegen Covid-19 überzeugt werden: «Es gibt keine Impfpflicht in Deutschland, aber eine Impfaufklärungspflicht.»
Bahr warnte davor, Menschen moralisch zu diskreditieren, die sich zunächst nicht impfen lassen wollten. Diese Sorgen müssten ernstgenommen werden: «Wir werden niemanden gewinnen, indem wir ihn beschimpfen.» Zugleich hätten viele Menschen aber auch grundfalsche Vorstellungen darüber, was eine Impfung im Körper auslöse. «Und dann greifen Ängste oder Fehlinformationen um sich.» Sie selbst wolle sich impfen lassen, so Bahr.
(epd) 

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Online-Redaktion

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