EKD-Synode
Engagiert, gelegentlich schockiert

EKD-Synodale Colleen Michler will das Bewusstsein für die Herausforderungen kleiner werdender Gemeinden wecken.

Von Harald Krille

Soeben kommt die selbständige Architektin von einer Bauberatung. Auf dem Weg fällt ihr ein ratlos über der Straßenkarte sitzendes Ehepaar im Campingmobil auf. Schnell gibt Colleen Michler ihnen ein paar Tipps zur Orientierung. Wenige Schritte weiter ist sie dann als Bürgermeisterin des kleinen Ortes Oettern im Ilmtal bei Weimar gefragt: Kurze Absprachen mit dem Gemeindearbeiter sind nötig.
Noch ein paar Schritte weiter sitzen wir in der Küche ihres Hauses und schalten auf Kirche um. Denn Colleen Michler gehört als Vertreterin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an. Darüber hinaus ist sie ebenfalls Mitglied der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), gehört dort sogar zum Präsidium.
In keines ihrer vielen Ämter hat sie sich je gedrängt. In Oettern lebt die ursprünglich aus Kiel stammende Frau, seitdem ihr Mann, Klaus Dicke, einen Ruf als Professor nach Jena erhielt. Was Colleen Michler überraschte: Schon kurz nach ihrem Einzug klingelte die Ortspfarrerin bei ihnen, begrüßte die neuen Mitglieder der Kirchengemeinde und lud zum Mittun ein. »Das hatte ich bisher in meiner Kirche so nicht erlebt. Da war eher der Eindruck: Die Claims sind abgesteckt, jeder hat seine Aufgabe, neue Leute werden gar nicht unbedingt gebraucht.«
In Oettern wurde sie schnell gebraucht: Bald kam die Frage, ob sie nicht in der Kreissynode Weimar mitarbeiten wolle. Ihrem »Ja« folgte ein »Integrationsprogramm« in der neuen Heimat, wie sie es rückblickend nennt: Musste sie doch nun den Informationsfluss von der Kreissynode in die fünf Gemeindekirchenräte ihres Gemeindeverbundes sicherstellen und umgekehrt. »Da habe ich schnell die Menschen der Region kennen- und schätzen gelernt.«
Was wohl auch umgekehrt galt: 2010 wählte man sie zu Oetterns Bürgermeisterin. Auch innerkirchlich folgten weitere Aufgaben. Etwa in der Auswahlkommission für die Vikarinnen und Vikare der EKM. »Ich war wohl doch etwas auffällig in den verschiedenen Gremien«, vermutet sie. Denn schon bald erreichte Colleen Michler der nächste Ruf: Ob sie die EKM in der EKD-Synode sowie der VELKD-Generalsynode vertreten würde?
Leicht hat sie sich die Entscheidung nicht gemacht und erst einmal viele Informationen eingeholt. Zumal sie ja auch nicht Mitglied der EKM-Synode war und sich schon genügend beruflichen und nebenberuflichen Herausforderungen gegenüber sah.
Die ersten Tagungen der 12. EKD-Synode im Mai und im November 2015 brachten nicht nur positive Erfahrungen. »Befremdend« sei es gewesen, wie etwa bei den Wahlen zum Rat der EKD vorher getroffene Absprachen nicht eingehalten und Kandidaten fallen gelassen wurden, sich Wahlgänge endlos hinzogen. Geradezu »abstoßend« sei es gewesen, »wie wir hier als Kirche mit Menschen umgegangen sind«. Ein Grund, warum sich Colleen Michler in den vergangen Jahren auch nicht an eine der Synodalen Arbeitsgruppen, die eine Art von Fraktionen im Kirchenparlament darstellen, gebunden hat.
Worin sie ihre Aufgabe in der Synode sieht? Vor allem möchte sie das Bewusstsein für die Herausforderung durch kleiner werdende Kirchengemeinden schärfen. Das Problem sei im Osten Deutschlands besonders akut, wo für hauptamtliche Mitarbeiter »längst die Grenze der Belastung überschritten ist«.
Doch die Kirchen im Westen sieht Colleen Michler über kurz oder lang vor den gleichen Problemen. Ihre Vision: Neue Wege gehen, mehr niedrigschwellige Angebote, wie sie sie etwa bei den »Kirchentagen auf dem Weg« im vergangene Jahr erlebt hat. Und: »Wir dürfen unsere Ideen nicht nur in den eigenen Gebäuden diskutieren, wir müssen mit unseren Angeboten in die Häuser der Menschen, in die Kneipen, in die Krankenhäuser, in die Schulen.« Wichtig ist ihr zudem die Ökumene – denn die lebt Colleen Michler selbst in ihrer Ehe: Sie als überzeugte Lutheranerin, ihr Mann als engagierter katholischer Christ. Auf dem sonntäglichen Frühstückstisch liegen zwei Zeitungen: der katholische »Tag des Herrn« und »Glaube + Heimat«.

Autor:

Online-Redaktion

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