Gemeinsam gelingt es
Aktion, die Religionen verbindet
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Die evangelische Emmausgemeinde und die islamische Gemeinde in Halle zeigen, wie man zugleich etwas für die Bewahrung der Schöpfung und für die Überwindung interreligiöser Barrieren tun kann.
Von Claudia Crodel
Es war ein trüber, aber trockener und noch recht warmer Samstagvormittag. Mit einem Karton voller Müllsäcke und Gummihandschuhen sowie mit verschiedenen Greifwerkzeugen war Hanna Henke, Pfarrerin der evangelischen Emmausgemeinde Halle, zu einem Spielplatz im Nordosten Halle-Neustadts gekommen. Nach und nach trafen einige Christen aus ihrer Gemeinde sowie Frauen, Männer und Kinder aus der islamischen Gemeinde Halle ein. Gemeinsam wollten sie auf dem Spielplatz und im angrenzenden kleinen Park Müll einsammeln. Dutzende Zigarettenkippen lagen unter den Bänken nahe dem Sandkasten, weggeworfene Plastikverpackungen und Papier, sogar eine Matratze und Elektroschrott zwischen den Büschen. Und nicht nur auf diesem Spielplatz wurde Müll gesammelt, sondern auch an drei anderen Stellen in Halle-Neustadt traf man sich im Rahmen der Aktion.
Für Naim Mert aus der islamischen Gemeinde war es eine Selbstverständlichkeit, beim Müllsammeln mitzumachen. „Wir mögen, dass es sauber ist, wenn wir uns in einen Park setzen wollen. In unserer Religion ist es wichtig, auf Sauberkeit zu achten“, sagte der aus der Türkei stammende Helfer. Yussuf Yilmaz, ein Sechstklässler, hatte die Funktion des Dolmetschers übernommen, wenn es mit der Verständigung mal nicht gleich klappte. Der Junge ist in Dessau zuhause und besucht dort das Gymnasium. Am Wochenende kommt er oft nach Halle-Neustadt, um Freunde zu besuchen. Ihm macht es sichtlich Spaß, gemeinsam mit anderen Kindern auf "Mülljagd" zu gehen.
Büsra Güclü ist mit einer ganzen Gruppe türkischer Frauen gekommen. „Wenn die Umwelt sauber ist, fühlen wir uns gut. Und wenn wir hier gemeinsam als Freundinnen etwas für die Umwelt tun, fühlen wir uns besonders gut“, sagt sie.
„Dankeschön!“, ruft eine ältere Frau den fleißigen Müllsammlern zu. Wenn sie nicht gerade mit ihren beiden Hunden und dem Enkel unterwegs wäre, würde sie selbst mit anpacken, meint sie und erzählt, dass sie sich oft über die Verschmutzung des Spielplatzes ärgert.
Auch auf dem Drachennestspielplatz – gut einen Kilometer entfernt – werden Müllsäcke gefüllt. Mitglieder des Kreisverbandes der Grünen sind gekommen, weil der seit einiger Zeit die Patenschaft über diesen Spielplatz übernommen hat, aber auch Mitglieder des Landesnetzwerks Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt und Menschen aus der Nachbarschaft – wie Jessica König und Uta Hennig. Letztere sammelt, trotz gesundheitlicher Probleme, schon seit gut fünf Jahren fast jede Woche auf dem Spielplatz Unrat zusammen.
Pfarrerin Hanna Henke freute sich über die große Resonanz der Aktion. Es war nicht das erste Mal, dass sich Mitglieder der Emmausgemeinde und der islamischen Gemeinde Halle trafen. „Das sind unsere Nachbarn hier. Wir reden mit allen Menschen über unseren Glauben. Wir können schauen, was wir von den anderen lernen können“, sagte Hanna Henke und erklärte das an einem ganz persönlichen Beispiel: Beide Gemeinden hätten schon mal gemeinsam das Fastenbrechen gefeiert. „Durch diese Begegnung habe ich mein Fasten anders betrachtet. Bei uns ist das Fasten immer so verkopft. Deshalb habe ich mich wieder mit den alten christlichen Fastenwurzeln beschäftigt. Wenn man mit dem Körper fastet, ist das eine ganz andere spirituelle Übung. Man denkt den ganzen Tag daran, dass man fastet, und viel mehr an Gott.“
Die gemeinsame Herbstaktion zur Verbesserung des Wohnumfeldes und für den Umweltschutz war zugleich auch eine Gelegenheit, um interreligiöse Barrieren abzubauen und Vorurteile zu überwinden. Sie endete mit einem kleinen Fest für alle, die mitgewirkt hatten, auf dem man sich noch einmal auf andere Weise begegnen konnte. Es war eine Aktion mit echtem Gemeinschaftsgefühl.
Autor:Claudia Crodel |
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