Besuch in der russisch-orthodoxen Kirche Weimar
Familien brechen auseinander

Treffpunkt für viele Nationalitäten: Die russisch-orthodoxe Kapelle. | Foto: epd-bild/Maik Schuck
  • Treffpunkt für viele Nationalitäten: Die russisch-orthodoxe Kapelle.
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Zum Gottesdienst in der Heiligen-Maria-Magdalena-Kirche stehen sie Seite an Seite: Georgier, Letten, Litauer, Ukrainer und Russen.

Von Conny Mauroner 

"Die Nationalität spielt hier keine Rolle. Wir sind nicht verfeindet", sagt Anastasia Satler, langjähriges Mitglied der russisch-orthodoxen Gemeinde in Weimar. Das Gotteshaus, in dem sich die Gemeinde trifft, wurde um 1860 als Grabkapelle für die russische Großfürstin Maria Pawlowna errichtet und befindet sich auf dem historischen Friedhof Weimars, direkt hinter der Fürstengruft, mit der es unterirdisch verbunden ist.

Von Vielen, sagt Satler, wisse sie nicht einmal, welchen Pass sie haben. "Wir sind bunt gemischt, haben auch viele Studenten", berichtet Erzpriester Mihail Rahr. Im vergangen Jahr habe er sogar auch Kinder aus Eritrea getauft. "Der Krieg in der Ukraine bewegt uns, doch wir thematisieren ihn nicht. In meiner Predigt nehme ich keine Stellung zu politischen Sachverhalten", so das geistliche Oberhaupt. Viel zu groß sei die Angst vor einer Spaltung. "Familien brechen auseinander. Innerhalb von Freundeskreisen und unter Kollegen gibt es Diskussionen. Politik führt zum Streit."

Zumal der Krieg in der Ukraine rational und geistlich nicht zu erklären sei, meint der Priester. "Wir sind tausend Jahre lang eine Kultur. Wir haben gemeinsame Wurzeln. Kiew ist ja auch erste Hauptstadt – immer gewesen. Und die ist untrennbar mit unserer Geschichte, mit unserer Kultur verbunden." Würde man das so anerkennen, dann könnte es gar keinen Konflikt geben.

Allerdings sei es so, dass jeder in der Gemeinde seine Meinung habe zum Krieg, weiß Rahr. In der Kirche aber gehe es ausschließlich um den gemeinsamen Glauben. Hier werde gebetet, nicht politisch diskutiert. "Natürlich beten wir für den Frieden." Nächstenliebe statt Krieg, so lebt es der Priester vor und ruft zu Spenden für die Opfer in der Ukraine auf. Er mache sich große Sorgen über das, was dort passiert. "Doch Gott", sagt er "hat einen Plan. Wenn er das Böse zulässt, dann nur, weil er weiß, was damit bezweckt wird. Das war schon immer so, und so steht es auch in der Bibel geschrieben."

Die Gemeinde findet Trost im Glauben, gerade jetzt in der für die Orthodoxen so wichtigen Fastenzeit. Dass nun hunderte Geistliche eine Waffenruhe in der Ukraine fordern, verstehen die Gemeindemitglieder in Weimar, dennoch bleiben sie dabei: über Politik wollen sie nicht sprechen. Man sei unabhängig, heißt es.

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Online-Redaktion

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