Predigttext
Wo ist er hingegangen?

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Ein Mensch pflanzte einen Weinberg und zog einen Zaun darum und grub eine Kelter und baute einen Turm und verpachtete ihn an Weingärtner und ging außer Landes.Markus 12, Vers 1


Gottesbilder sind unser Thema. Die Konfirmanden haben ihre eigenen gemalt, unterschiedliche biblische Bilder nachgezeichnet oder vorliegende auf Gott hin gedeutet.

Von Teresa Tenbergen

Auf den Rand der Bilder kleben sie Zettel mit den jeweiligen Eigenschaften für Gott. Ein Bild zeigt sich entfernende Schritte im Sand. Auf dem Zettel am Rand steht keine Eigenschaft Gottes, sondern eine Frage: Wo ist er hingegangen?

Für das Gleichnis von den bösen Weingärtnern stellt sich diese Frage auch. Da legt einer einen Weinberg an mit allem, das dazugehört. Er gibt ihn in die Hände von Menschen, die sich darum kümmern sollen. Und reist in anderes Land. Wo ist er hingegangen?

In allem Folgenden handelt er aus der Ferne. Tritt nicht in direkte Kommunikation, sondern schickt Boten, die seinen Anteil am Gewinn eintreiben sollen. Es ergeht ihnen schlecht, und das Gleichnis spart nicht an Brutalität. Die Boten werden misshandelt und getötet, am Ende sogar der geliebte Sohn des Besitzers. Die Deutung dieses Gleichnisses scheint so klar: eine vorweg genommene Passionsgeschichte. Der Weinbergbesitzer ist Gott, die Boten die Propheten, der Sohn ist Jesus, zugleich der Eckstein, der alles zusammenhält, sein Tod die Kreuzigung. Soweit, so gut.

Aber welches Bild von Gott wird da gemalt? Ein langmütiger, irgendwie kalter Gott der Ferne, der nicht müde wird, die Menschen an ihre Aufgabe zu erinnern, aber nie selbst in Erscheinung tritt. Ein Gott, der am Ende Selbstjustiz übt. Ein Gott, der ungeachtet der sozialen Verhältnisse seinen Ertrag eintreiben will. Passt das alles zu Gott? Und: wo ist er hingegangen? Was, wenn die Deutungen anders aussehen müssten? Wenn Gott das Gegenbild zu all dem wäre? Nicht fern, sondern mitten im Geschehen. Jenseits der Hierarchien. Solidarisch. Liebend.

Das Gleichnis wirft sein Licht auf Strukturen des Unrechts. Auf diejenigen, die meinen, im Recht zu sein und es ohne Rücksicht durchsetzen. Es wirft sein Licht auf Gewaltspiralen und menschliche Verschuldungen. Auf unsere Verantwortung in all dem. Und es malt vielleicht auch dieses Bild: Gott ist schon dort.

Teresa Tenbergen, Pfarrerin in Weimar | Foto: Foto: Guido Werner
Autor:

Online-Redaktion

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