Wort zur Woche
Wie Demut heute zu verstehen ist

Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Micha 6, Vers 8

Von Felix Kalbe, Theologiestudent und Mitglied der EKM-Kirchenleitung

Endlich ein Text, in dem mir der Prophet Micha sagt, was gut ist: Gott verlangt lediglich drei Dinge, die ich zu erfüllen habe, um ihm zu gefallen. So einfach ist es in der Bibel sonst meist nicht. Oder ist es auch hier gar nicht so einfach? Die erste Aufgabe ist klar definiert. Ich soll »Gottes Wort halten«. Doch wo beginnt es und wo hört es auf? Dass Texte wie die Zehn Gebote darunter fallen, erscheint mir logisch. Und das Johannesevangelium beginnt schließlich mit dem Vers: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Folglich fällt natürlich auch Jesus darunter, dem wir in unserem Handeln nachfolgen sollen. Auch was mit »Liebe üben« gemeint ist, lässt sich schnell erschließen: Mit dem Doppelgebot der Liebe kann man schließlich nichts falsch machen. Gott und den Nächsten zu lieben wie sich selbst kann ja nur gut sein. Und Jesus bezeichnete eben dieses Gebot als das höchste, christliche Gebot.
Anders sieht es da mit der Demut aus. Alle sprechen immer davon, keiner ist es so richtig und niemand scheint zu wissen, wie das überhaupt funktioniert. »Demütig sein.« Ein Blick in den Duden sollte doch helfen. Er beschreibt Demut als ein Wort, welches dem Mittelhochdeutschen entspringt und sich von den Worten dienen und Mut ableitet und somit die Gesinnung eines Dienenden beschreibt. Als Synonyme schlägt er Hingabe, Ergebenheit, Opferbereitschaft und Devotion, also Unterwürfigkeit, vor. Aber wie sieht die denn heutzutage aus? Ein wenig Hingabe ist ja mancherorts in den Gottesdiensten noch zu sehen, aber Ergebenheit und Unterwürfigkeit? Opferbereitschaft höchstens noch in Form der einen oder anderen Kollekte oder der ehrenamtlich aufgebrachten Zeit. Unter wahrer Demut stelle ich mir hingegen etwas anderes vor. Ist unsere ehrenamtliche Hingabe, unsere Zeit, die wir opfern und in der entschleunigten Kirche der rasanten Welt entfliehen können, unsere neue Demut? Oder haben wir allesamt die Demut verlernt?

Autor:

Online-Redaktion

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