Blickwechsel
Reminiszere: Beten für Bergkarabach

Foto: yuriks - stock.adobe.com

Bergkarabach und Armenien sind aus den internationalen Schlagzeilen verschwunden. Die Republik Bergkarabach, die von ihren Bewohnern Arzach genannt wurde, hatte zum 1. Januar ihre Auflösung erklärt.

Von Klaus Rösler

Zuvor hatten die dort lebenden 100 000 Armenier das Gebiet nach der Eroberung durch Aserbaidschan im September 2023 verlassen und waren nach Armenien geflohen. Einer, der die Situation der Flüchtlinge kennt, ist der Leiter des armenischen Hilfswerks „Diaconia Charitable Fund“, Baruir Jambazian. Die Organisation ist unter den Flüchtlingen seelsorgerlich und karitativ tätig. Nach seinen Worten sind nur zehn namentlich bekannte Armenier in Bergkarabach geblieben. Die aserbaidschanischen Medien berichteten immer wieder darüber, dass es ihnen gut gehe. Doch kein Flüchtling glaube das, sagt Jambazian.

Das kleine, 2,8 Millionen Einwohner zählende Armenien ist nach Einschätzung von Jambazian mit der Betreuung der mehr als 100 000 Flüchtlinge „völlig überfordert“. Er wählt einen drastischen Vergleich: „Das wäre so, als wenn knapp drei Millionen Flüchtlinge innerhalb von fünf Tagen nach Deutschland kommen würden.“ Jambazian: „Wir sind dringend auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen.“ Ihm zufolge gibt es drei Haupthandlungsfelder: Die Flüchtlinge bräuchten Wohnungen, Arbeit und Hilfe bei der Bewältigung der erlittenen Traumatisierungen. Gerade bei der Suche und Schaffung von Arbeitsplätzen helfe auch der deutsche Partner von „Diaconia Charitable Fund“, der Christliche Hilfsbund im Orient.

Jambazian ist verwundert über den Umgang des Westens mit Aserbaidschan: „Die Kinder in Aserbaidschan werden in dem Bewusstsein erzogen, dass Armenier keine lebenswerten Menschen sind.“ Hass auf Armenien und die Menschen dort sei so etwas wie eine Staatsdoktrin. Dennoch habe EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku im Juli 2022 eine Vereinbarung unterzeichnet, nach der die EU ab 2027 jährlich mindestens 20 Milliarden Kubikmeter Gas erhalten soll. Sie bezeichnete das Land als „vertrauenswürdigen“ Gaslieferanten. Verletzungen der Menschenrechte des Landes würden einfach nicht zur Kenntnis genommen, kritisiert Jambazian.

Und seine Sorge geht noch weiter: Er hat Angst, dass nach dem Fall von Bergkarabach auch Armenien militärisch besetzt werden könnte. Denn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der Präsident von Aserbaidschan, Ilham Alijew, strebten nach Vorherrschaft in der gesamten Region. Sie wollten alle Turkvölker vereinen. Das christlich geprägte Armenien stehe dabei im Weg. Militärisch könne Armenien einen Krieg gegen Aserbaidschan nicht gewinnen.

Nach den Worten von Jambazian hat der Konflikt aber auch eine geistliche Komponente: Menschen in Armenien wendeten sich dem christlichen Glauben zu. „Sie sind davon überzeugt: Nur Gott kann uns letztlich noch helfen.“ Rein menschlich betrachtet, werde es Armenien „in 30 Jahren nicht mehr geben“. Er verweist auf 2. Chronik 7,14: „(Wenn) dann mein Volk, über das mein Name genannt ist, sich demütigt, dass sie beten und mein Angesicht suchen und sich von ihren bösen Wegen bekehren, so will ich vom Himmel her hören und ihre Sünde vergeben und ihr Land heilen.“ Dazu Jambazian: „Eine geistliche Erweckung ist unsere einzige Chance, als Volk nicht unterzugehen.“

(idea)

Autor:

Online-Redaktion

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