Vatikan
100 Kilogramm Post für den Papst

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In der Poststelle des Flughafens bei Rom kommen täglich Briefe aus aller Welt an, die an Adressaten in ganz Rom verteilt werden. Doch nur ein Bürger hat eine eigene Verteilstelle: In der Box unter der Nummer 174 landen die Briefe an Papst Leo.
Von Almut Siefert
20 farbenfrohe Briefmarken kleben auf dem hellbraunen DIN-A4-Umschlag. Jemand hat sie in Brasilien darauf geklebt. Laut Stempel wurde der Brief am 17. Juni dort bearbeitet. Einen Monat später hält ihn Giuseppe Tersigni in der Postverteilstelle am Flughafen Rom-Fiumicino in der Hand. In wenigen Stunden wird das Schreiben auf einem Schreibtisch im Vatikan liegen.
Adressiert ist der Brief auf Portugiesisch an: Seine Heiligkeit, Papst Leo XIV., 00120 Vatikanstadt, Europa. «Rund 100 Kilogramm Post kommen hier an der Zweigstelle für den Papst an - täglich», sagt Tersigni. Der 48-Jährige arbeitet seit 22 Jahren bei der italienischen Post. Die Briefe an den Papst seien natürlich nicht wichtiger als jene an andere Personen, betont der Abteilungsleiter. Etwas Besonderes sei es aber schon, täglich zu sehen, wie viele Menschen dem Papst schreiben.
Tersigni steht in der großen Halle an der automatischen Verteilmaschine. Sie wirft die Briefe in unterschiedliche Boxen ab - jeder Stadtteil Roms hat seine eigene. An der Station 174 landet die Post in der gelben Kiste, die später in einem Postauto in Richtung Vatikan gefahren wird. Anhand der Briefmarken und Stempel erkennt Tersigni, woher die Briefe an den Papst stammen. «Dieser stammt aus Spanien, dieser aus Polen, oh und dieser aus China!»

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In Zeiten von E-Mails und sozialen Netzwerken - der Papst ist auch auf X und Instagram aktiv - hat so ein Brief eine noch tiefere Bedeutung, findet Tersigni. «Genau das ist es, was mich an dieser Arbeit so begeistert», sagt er. Ihm gefalle der Gedanke, dass Menschen durch das Schreiben eine Verbindung zueinander aufbauen.
Ein wenig würden er und die anderen Postmitarbeiter dazu beitragen, diese Verbindung zwischen den Menschen auf der ganzen Welt und dem Papst herzustellen. «Das Schreiben trägt dazu bei, eine Gemeinschaft ohne Grenzen zu schaffen», sagt er. Das Zeitalter der Digitalisierung setze einen Filter, eine Barriere zwischen die Menschen.
Jeden Morgen komme er nach Dienstbeginn erst an den Schalter 174 und schaue nach dem Rechten, sagt er. Dreimal am Tag verlassen gelbe Kisten voller Post das Flughafengelände in Richtung Vatikan: einmal am Morgen und zweimal am Nachmittag. Ist eine Kiste voll, blinkt der Schalter 174 auf, ein Mitarbeiter druckt das Etikett aus, klebt es auf die Kiste und schickt diese auf das Band in Richtung Ausgang. Dort wird sie verschlossen, gewogen und wartet dann darauf, in den bereitstehenden Postwagen verfrachtet zu werden.
Auch Papst Franziskus hat viel Post bekommen. Doch die Menge, die Leo in seinen ersten Wochen des Pontifikats erhält, erstaune die Postmitarbeiter. Nur als Franziskus im Februar und März dieses Jahres kurz vor seinem Tod fünf Wochen lang im Krankenhaus war, seien noch mehr Briefe gekommen: bis zu 150 Kilogramm. Die wurden dann auch nicht in den Vatikan, sondern direkt in die Gemelli-Klinik geschickt.
Woher die meisten Briefe stammen, kann Tersigni nicht sagen. «Wir führen darüber nicht Buch», sagt er. Er habe aber nicht das Gefühl, dass nun vermehrt Briefe aus den USA an den gebürtigen US-Amerikaner gesendet würden.
Doch 100 oder 150 Kilogramm Post am Tag - das ist selbst von einem Papst nicht zu bewältigen. Ob Leo die Briefe überhaupt zu Gesicht bekommt? «Ich denke schon, oder besser gesagt, ich hoffe es, ich glaube daran», sagt Tersigni mit einem leichten Augenzwinkern. Wobei, fügt er hinzu, realistisch gesehen werde wohl eine Auswahl getroffen.
Er fischt einen Brief aus dem Stapel, den er soeben aus der gelben Postkiste gegriffen hat. In großen roten Buchstaben steht darauf auf Italienisch: An seine Heiligkeit Papst Leo XIV. «Das hat höchstwahrscheinlich ein Kind geschrieben», sagt Tersigni. Das komme oft vor, was er an der Handschrift oder an Zeichnungen auf dem Umschlag erkenne. «Gestern hatten wir einen Umschlag, auf dem mehrere Herzchen gemalt waren. Also wenn ich Papst wäre und so einen Brief bekommen würde, ich würde ihn lesen.»
(epd)


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