Allianzgebetswoche
Wo gehöre ich hin?

Die Allianzgebetswoche 2020 beschäftigt sich vom 12. bis 19. Januar mit den Fragen ganz persönlicher aber auch allgemeiner Orientierung. Im Leben und in der Welt.

Von Christopher Dehn

Im „Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung“ von Erik H. Erikson wird das Leben, insbesondere die ersten Lebensjahre bis zur Jugend, in acht Phasen eingeteilt, die jeweils unterschiedliche Aufgaben und sogenannte Entwicklungsziele haben. Mit dem Teenageralter beginnt die Frage nach der Identität. Es geht um die soziale Rolle die ich einnehme, beziehungsweise einnehmen möchte, zwischen Bezugspersonen wie den Eltern, Freunden und einen möglichen Beruf – kurzum „Wo gehöre ich hin?“

Diese Frage beschäftigt uns lebenslang, wird aber hier zum ersten Mal fokussiert und gleich zugespitzt. Körperliche, innere und äußere Veränderungen erschweren den Prozess.
In meinem Heimatdorf gab es einen Jugendkreis, eine Junge Gemeinde, die sich jede Woche traf. Die Leitung hatte der Pfarrer und das Angebot wurde teilweise gut angenommen. Ein Anfang gegen meine Einsamkeit in meiner Identitätssuche. Nachdem der Pfarrer plötzlich wegzog, fand die Gemeinde keinen neuen Leiter. Ein Freund und ich wussten: „Dann leiten wir einfach die Gruppe.“ Es war eine großartige Zeit mit vielen kleinen und großen Projekten, Ausflügen und guten Abenden. Ich wusste „Hier gehöre ich hin!“

Diese Situation zeigt gut, was für die Identitätsfrage wichtig ist. Im benannten Stufenmodell wird die Bildung einer „Ich-Identität“ als Entwicklungsziel beschrieben. Mithilfe von gesammelten Erfahrungen und möglichst positiven Erlebnissen, kann ein stabiles Selbstvertrauen entstehen. Es braucht jedoch zwei Voraussetzungen.
Egal ob Stadt oder Dorf, braucht es zuerst einen Ort, wo sich der Mensch in seinem Alter wohl und willkommen fühlt. Mit der Suche und dem Ausprobieren hilft es am Ende zu wissen:
Ich bin Jugendkreismitglied, Gitarrenspieler, Vereinsmitglied oder Teil einer Gemeinde. Wenn es keinen Ort gibt, gehen Menschen, besonders Jugendliche, woanders hin oder bleiben gleich zu Hause. Eine verpasste Chance.

Wenn sich ein Treffpunkt erstmal gefunden hat, ist es an der Zeit, positive Erlebnisse möglich zu machen. Dabei ist es hilfreich, wenn nicht einer allein das Programm füllt. Mit dem Einbeziehen von allen Teilnehmenden, entstehen nicht nur zielgruppenorientierte Angebote, sondern die Mitglieder sehen sich selber als wichtiges Teil des Programms. Beim Sport ist das beispielsweise automatisch mit der Rollenverteilung auf dem Spielfeld.
Wo gehöre ich hin? – das sehe ich als ideale Grundlage für die Kirche. Neben der Individualisierung in unserer Gesellschaft, können hier viele Orte mit einzigartigem Programm geschaffen werden, die identitätsstiftend sind.

Tobias Faix und Tobias Künkler untersuchten in einer Studie, mit dem Titel „Generation Lobpreis“ vier Jahre lang „hochreligiöse Jugendliche“. Es wurde mitunter herausgefunden, dass Jugendliche sich gerne in Kirchengemeinden engagieren. Dafür braucht es aber Erfahrungsräume, um Gegenwart der Kirche zu sein, und nicht nur die Zukunft.
Die Allianzgebetswoche ist seit vielen Jahren eine ideale Möglichkeit. Beim Jugendgebetsabend am Freitag, habe ich schon viele Gemeinden in Dörfern und Großstädten erlebt, die ihre Jugendlichen berufen, diesen Abend zu organisieren. Überkonfessionell planen und führen sie diesen Abend aus. Die anderen Tage sind geprägt von der Eigeninitiative anderer Gemeindemitglieder und sei es nur durch einen großen Gottesdienst zu Beginn oder am Ende der Woche.
„Wo gehöre ich hin?“ – Eine große (psychologische) Frage die nur in Ansätzen beantwortet werden kann. Für mich ist klar, dass die Kirchen eine große Chance haben, wenn sie Orte und Programme schaffen für die unterschiedlichsten Alters- und Zielgruppen. Warum nicht die Allianzgebetswoche dafür nutzen?

Der Autor ist Jugendprojektleiter der Allianzkonferenz sowie der Allianzjugend und Bildungsreferent beim Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) Sachsen-Anhalt.

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Online-Redaktion

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