Kommentar
Not und Spiele

Von Willi Wild

Zur Fußball- WM 1974 sangen die Spieler der DFB-Elf »Fußball ist unser Leben, denn König Fußball regiert die Welt.« Soweit geht meine Liebe zum Ballsport nicht. Aber ich kann mich durchaus für das Spiel auf dem Rasen begeistern. Die mediale Erhöhung, die die Akteure unserer Nationalmannschaft und ihre Spiele erfahren, finde ich aber völlig unangemessen.
Nach der Niederlage in der Vorrunde gegen Mexiko begann die Tagesschau mit den Worten »Trauer und Entsetzen«. Dabei wurden nicht etwa die Menschen beklagt, die beim Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, ertrunken sind, auch nicht die Opfer des Syrienkriegs oder die Hunderttausende Kinder, die im Südsudan vom Hungertod bedroht sind.
Nein, es ging um die Stimmungslage deutscher Fußball-Fans. Geht’s noch? Die massiv ausgeweitete Sportberichterstattung sorgt für eine deutliche Schieflage bei der Nachrichtenauswahl und ihrer Bewertung.
Nach dem Vorrunden-Aus war von Fassungslosigkeit, Tiefpunkt und einer »nationalen Katastrophe« die Rede. Sportminister Horst Seehofer sprach von einer »schweren Stunde«. Dabei ging es nur um Fußball und nicht um die aktuelle Regierungskrise. Auch diesmal nahm die 0:2-Niederlage gegen Südkorea breiten Raum ein: Das erste Drittel der Nachrichtensendung, die vorgibt, das Weltgeschehen in fünfzehn Minuten abzubilden. Erst danach ging es um die dramatische Lebensrettung auf dem Hilfsschiff »Lifeline«.
Nein, Fußball ist nicht mein Leben und der Fifa-Präsident regiert nicht die Welt. Meine Hoffnung reicht weit über ein Spiel, eine Fußball-WM hinaus. Der Herr des Himmels und der Erde will unser Trost sein in wirklicher Trauer und Entsetzen. Darüber will ich schreiben.

Autor:

Online-Redaktion

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