Finanzen
Länder zögern bei Ablösung der Staatsleistungen

Foto: epd-bild/Andrea Enderlein

Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg sehen Pläne der Bundesregierung zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen skeptisch. Sachsen nimmt bereits heute eine Sonderstellung ein.

Die Erfurter Staatskanzlei erklärte, dass der entsprechende Verfassungsauftrag zwar umgesetzt werden müsse. Nach den enormen Ausgaben für die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona- und der Energiekrise sei derzeit jedoch der „schlechteste Zeitpunkt“.
Die gerade diskutierten Modelle seien für die Länder mit enormen Mehrausgaben verbunden. Das Ziel der Ablösung der Staatsleistungen stehe damit der Schuldenbremse entgegen. Zudem dürfte eine höhere Schuldenaufnahme der Länder zur Zahlung höherer Beträge an die Kirchen „schwer zu vermitteln sein“, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei in Erfurt.
In Thüringen sind in diesem Jahr auf der Grundlage der jeweiligen Staatsverträge Zahlungen an die evangelischen Kirchen in Höhe von 22,344 Millionen Euro und an die katholische Kirche in Höhe von 6,853 Millionen Euro vorgesehen. Die Mittel werden als pauschaler Zuschuss ausgezahlt.
Sachsen-Anhalt hat sich in der Diskussion bisher nicht auf eine abschließende Position festgelegt. „Die Meinungsbildung im Länderkreis, der sich auch Sachsen-Anhalt anschließt, ergibt jedoch einhellig, dass die Länder dem Thema mit großer Zurückhaltung begegnen“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ute Albersmann. Für alle Länder gelte die Frage, ob in Anbetracht der öffentlichen Haushalte der Zeitpunkt der richtige sei.
Keines der bisher bekannten Modelle zur Ablösung trage der besonderen Lage in Sachsen-Anhalt Rechnung, so Albersmann weiter. Das Land erbringe pro Einwohner die mit Abstand höchsten Staatsleistungen. Es sei Angelegenheit des Bundes, seine im Koalitionsvertrag bekundete Absicht zu konkretisieren. Nach Angaben der Staatskanzlei erhalten die evangelischen Gliedkirchen rund 34,9 Millionen Euro im Jahr, die katholische Kirche gut 7,2 Millionen Euro.
Auch Brandenburg lehnt ein Aus für die Staatsleistungen an die Kirchen durch eine Ablösezahlung derzeit ab. „Die Ministerpräsidentenkonferenz hat sich mit dem Vorhaben befasst und steht ihm kritisch gegenüber“, sagte ein Sprecher des Kulturministeriums: „Diese Auffassung teilen wir.“ Bislang sei dem Ministerium „kein für alle Beteiligten konsensfähiges Ablöse-Modell bekannt“.
Einen Sonderstatus nimmt Sachsen bei der Zahlung der Staatsleistungen ein: Die Gelder werden den Kirchen jährlich als sogenannte Abgeltungen gezahlt. Dazu hat der Freistaat 1994 und 1996 verbindliche und unbefristete Vereinbarungen getroffen. Damit sind quasi die Ansprüche der Kirchen aus der historischen Staatsleistungsgarantie gegenüber dem Freistaat Sachsen entfallen. Die Verträge mit den evangelischen Kirchen von 1994 und mit dem Heiligen Stuhl von 1996 stellen die kirchlichen Ansprüche laut Staatskanzlei „auf eine völlig neue Schuldgrundlage“. Damit sei eine einvernehmliche Ablösung der historischen Staatsleistungen bereits erfolgt.
Staatsleistungen erhalten die Kirchen als Entschädigung für die Enteignung kirchlicher Güter und Grundstücke vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie sind von der Kirchensteuer zu unterscheiden. Im Grundgesetz steht eine aus der Weimarer Reichsverfassung übernommene Verpflichtung zur Ablösung der Staatsleistungen.

(epd)

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Online-Redaktion

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