Familie
Agenten des Glaubens

Taufe, Konfirmation, Weihnachten und Ostern: Traditionelle kirchliche Feste, sagt Studienleiter Hagen Findeis, blieben die wichtigsten Punkte für die Weitergabe des christlichen Glaubens in Familien. | Foto: epd-bild/Thomas Lohnes
  • Taufe, Konfirmation, Weihnachten und Ostern: Traditionelle kirchliche Feste, sagt Studienleiter Hagen Findeis, blieben die wichtigsten Punkte für die Weitergabe des christlichen Glaubens in Familien.
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 Welche Bedeutung hat die kleinste Zelle der Gesellschaft für die Weitergabe des christlichen Glaubens im Osten Deutschlands? Eine Studie an der Universität Halle gibt Antworten.

Von Edgar S. Hasse

Ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziertes Projekt an der Theologischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle mit dem Titel „Christliche Religiosität in Ostdeutschland“ erkundet gegenwärtig, wie religiöse Wertbezüge in Familien entstehen und zwischen den Generationen weitergegeben werden.

Befragt wurden dazu 15 Mehrgenerationenfamilien in den neuen Bundesländern sowie Ost-Berlin im Rahmen von 65 Einzel- und Gruppeninterviews. „Der Leitfaden für die Einzelinterviews begann mit der Frage, wie unsere Gesprächspartner das letzte Weihnachten verbracht haben, einer Frage, die für religiöse wie nichtreligiöse Menschen leicht anschlussfähig war“, sagt Hagen Findeis von der Theologischen Fakultät, der das interdisziplinäre Forschungsprojekt leitet.

Auf einer Tagung in Halle wurden kürzlich erste Ergebnisse über die familiale Weitergabe christlicher Religiosität in Ostdeutschland vorgestellt, wo nur noch 16 Prozent der Gesamtbevölkerung konfessionell gebunden sind. Die gute Nachricht für alle Familienmenschen: „Die Familie tritt in unserer Forschung oft als Wert letzter Sinngebung auf, Familie steht über allem“, betont Findeis.

Mehr noch: Traditionelle kirchliche Feste wie Taufe, Konfirmation, Weihnachten und Ostern bleiben die wichtigsten Transmissionspunkte für die Weitergabe des christlichen Glaubens auch in ostdeutschen Familien. Mehrere Muster in den Mehrgenerationenfamilien können die Forscher beobachten: Zum einen gibt es Familien, in denen der Glaube von einer Generation zur nächsten konsistent, also fest und dauerhaft, weitergegeben wird. Gelebte Religion ist dort stets kirchlich verortet. „In einer solchen Familie gehen alle drei Generationen jeden Sonntag gemeinsam in den Gottesdienst und sie gestalten diesen auch aktiv mit, zum Beispiel im Chor der Gemeinde“, so Hagen Findeis.

Zum anderen beschreiben die Forscherinnen und Forscher ein Muster mit nachlassender christlicher Religiosität. Zwar seien die Großeltern noch die „Agenten des Glaubens“, aber die Enkelgeneration gehe auf Distanz. „Deutet der Großvater die Welt noch mit den Mitteln der Religion, so geht es der Enkelin darum, Religion mit weltlichen Begriffen zu erklären.“

Und schließlich trafen die Forscher auf Familien, in denen gerade die Enkel-Generation neue Zugänge zum Glauben findet und damit Eltern und Großeltern in ihrem Denken und Glauben herausfordert. „Das heißt, es ist möglich, dass Religiosität weitergegeben wird, ihre soziale Konkretisierung sich zwischen den Generationen aber deutlich unterscheidet“, sagt Hagen Findeis.

Zu weiteren Ergebnissen gehört die Beobachtung, dass die sozialisatorische Bedeutung von Mutter, Vater und Großeltern im Osten unter den Evangelischen höher eingeschätzt wird als unter der ostdeutschen Gesamtbevölkerung. Im Westen sei es eher umgekehrt, hieß es. Zugleich spielten im Osten auch kirchliche Jugendgruppen, Freizeiten und Reisen unter den Evangelischen eine erheblich größere Rolle als in der Gesamtbevölkerung.

Besonders überraschend ist dieses Forschungsresultat: Religiös gebundene Menschen sind mobiler und eher bereit, neue soziale und geografische Horizonte zu erschließen, als religiös nicht gebundene Menschen. Von denjenigen Ostdeutschen, die im jungen Erwachsenenalter aus ihrer Region weggezogen sind, glauben mehr Menschen an Gott als jene, die in ihrer Region geblieben sind.

Möglicherweise sind gerade die jungen ostdeutschen Evangelischen die neuen Trendsetter: Man dürfe die Frage stellen, sagt Hagen Findeis, „ob in Ostdeutschland die individuellen Aneignungsprozesse christlicher Religiosität vielfältiger, die religiösen Sozialisationspfade diverser und die intergenerationalen Weitergabe-Muster dynamischer sind als in Westdeutschland."

Hier, meint Findeis, folge die Weitergabe womöglich noch eher traditionalen Mustern familialer und institutioneller Sozialisationsinstanzen.

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