Predigttext
Wie Gott mir, so ich dir

Torsten Reiprich, Pfarrer in Pegau | Foto: Foto: privat

Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.
1. Johannes 4, Vers 19

Von Torsten Reiprich

Der Predigtabschnitt für diesen Sonntag beginnt mit einem gern gewählten Bibelvers für Konfirmation oder Trauung: „Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ (Vers 16). Isoliert betrachtet, wirkt er auf mich wie eine Phrase: Wenig griffig, zu glatt und abgehoben.

Doch die folgenden Verse machen die Aussage zur konkreten Herausforderung. Der „Bruder“ betritt die Bühne. Am Verhältnis zu ihm erweist sich, wie es um die Liebe zu Gott bestellt ist! Und der Johannesbrief weiß, dass da manches im Argen liegt: „Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder …“ (Vers 20).
Bruderhass! Geschichten der Bibel fallen mir ein, die zeigen, wie schwierig es mit der Bruderliebe sein kann: Kain fühlt sich gegenüber Abel von Gott benachteiligt. Josefs Brüder bekommen mit, dass der Vater Josef bevorzugt. Kain und Josefs Brüder empfinden also ein Defizit an Liebe. Dieses Gefühl der Benachteiligung führt zu Hass und Verbrechen.

Der Johannesbrief erinnert demgegenüber an die Fülle der Liebe, die wir bereits geschenkt bekommen. Diese Fülle ermöglicht geschwisterliche Liebe – auch außerhalb direkter Verwandtschaft. An diese denkt der Johannesbrief, und er bezeichnet sie als „Gebot“ (Vers 21).

Es besteht Liebespflicht, könnte man sagen. Jesus bezeichnet an anderer Stelle das Liebesgebot als das höchste (Markus 12, Verse 29ff). Unser Predigtabschnitt beugt dabei aber einem Missverständnis vor: Die Erfüllung dieses Gebots ist keine moralische Pflicht, sondern Konsequenz der Liebe, die Gott mir schenkt. Gott „hat uns zuerst geliebt”.

Er hat uns und unsere Welt erschaffen, um uns lieben zu können. In Christus zeigt er die Größe seiner Liebe. Und diese Liebe befreit dazu, selbst lieben zu können. Denn ich kann nun – anders als Kain und Josefs Brüder – von mir selbst absehen.

Das Problem ist, dass ich das vergessen kann. Probleme des Alltags drängen sich vor. Vergleiche mit der Situation anderer „Geschwister“ schüren Unzufriedenheit. Die Liebe dümpelt vor sich hin.

Der Johannesbrief fordert auf, in Gottes Liebe „zu bleiben.“ Ich verstehe das auch so, dass ich aktiv und bewusst Orte und Zeiten suche, um mir Gottes Liebe bewusst zu bleiben. Und davon gibt es viele.

Autor:

Online-Redaktion

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