Wort zur Woche
Türöffner am Telefon

Gundula Eichert | Foto: G. Eichert
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Wochenspruch: Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. 1. Petrus, Vers 5,7

„Ich mache mir Sorgen!“, diesen Satz hat meine Großmutter oft gesagt. Sie ist im Juli 1989 gestorben und hat die Grenzöffnung in Deutschland nicht mehr miterlebt.

Von Gundula Eichert

Aber die Anfänge der Wende, die Ausreise vieler über Ungarn und die ersten Demonstrationen haben sie in Unruhe versetzt. „Hoffentlich macht ihr da nicht mit“, hat sie zu mir gesagt, die ich im Herbst 1989 mein Theologiestudium in Leipzig beginnen sollte.

Würde meine Großmutter noch leben, sie würde vor Sorgen fast vergehen. Der furchtbare Krieg Russlands gegen die Ukraine würde schlimme Erinnerungen in ihr wecken. Von ihrer Flucht aus Breslau in letzter Minute hat sie uns oft erzählt. Ihre Angst damals, ihre Sorge hat sie für ihr Leben geprägt. Auch das Erstarken nationalistischer, extremistischer Gesinnungen heute würde ihr große Sorgen bereiten. Und wie es mit uns Enkeln und unseren Kindern weitergeht, diese Frage würde sie nicht schlafen lassen.

Wie gern hätte ich meiner Großmutter Sorgen abgenommen, sie zumindest gelindert. Heute arbeite ich als Leiterin der Telefonseelsorge in Halle. Menschen rufen an und erzählen von ihren großen oder kleinen, aber nicht minder quälenden Sorgen, die mit der Weltlage, der immer deutlicher spürbaren Klimaveränderung, den Konflikten in Familie und Freundeskreis und auch persönlichen Ängsten zu tun haben. Die ehrenamtlichen Seelsorger hören zu, fragen nach und fühlen mit, sodass sich vielleicht eine Tür öffnet, durch die den Ratsuchenden Trost und sogar eine Idee entgegenkommt, wie es weitergehen kann. „Sie haben mir sehr geholfen.“ Oft steht dieser Satz am Ende eines Gespräches.

Seelsorge heißt: einem anderen zur Seite zu stehen, zuzuhören, ohne zu werten oder mit klugen Ratschlägen zu kommen. Nichts anderes macht Gott: Er ist da, als Klagemauer, als Ohr, als ausgestreckte Hand. Auf ihn können wir unsere Sorgen werfen, sie ihm hinhalten, bei ihm abladen. Das macht das Herz leichter und die Seele wird frei.

Die Autorin ist Pfarrerin in Halle.

Gundula Eichert | Foto: G. Eichert
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