Confessio Augustana
Produkt einer aufgeladenen Zeit

Kirchenfenster mit dem Reformator Philipp Melanchthon (1497-1560) in der Heidelberger Peterskirche. Er trägt auf dem Bild seine Confessio Augustina, das Augsburger Bekenntnis. | Foto: epd-bild/Mathias Ernert
  • Kirchenfenster mit dem Reformator Philipp Melanchthon (1497-1560) in der Heidelberger Peterskirche. Er trägt auf dem Bild seine Confessio Augustina, das Augsburger Bekenntnis.
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Nach seinem Ende tobte der Kampf um die Verantwortung für die Toten des Bauernkrieges. Die Wittenberger schoben die Last auf Müntzer und machten die ihm im Folterprotokoll untergeschobenen geheimen Ziele des Aufstands bekannt: Gütergemeinschaft als Zwangsenteignung, Tod und Abschaffung aller Obrigkeit.

Von Friedemann Stengel

Die Altgläubigen hingegen sahen den Erzaufrührer in Luther. Das war prekär, denn die „lutherische Sekte“ war seit dem Wormser Edikt von 1521 ausdrücklich verboten, hatte sich aber reichsweit ausgebreitet. Als Karl V. sich nach neun Jahren Abwesenheit 1530 zum Reichstag ankündigte, fasste Johannes Eck 404 Artikel über 384 gesetzes- und bekenntniswidrige Sätze unter anderem aus den Schriften Luthers und Zwinglis zusammen. Die Confessio Augustana (CA) hat ausgerechnet viele dieser reformatorischen Positionen aus Ecks 404 Artikeln, die juristisch oder theologisch heikel waren, zurückgewiesen oder schlichtweg unter den Tisch fallen lassen.

Weder die Siebenzahl der Sakramente, die Luther bestritten hatte, noch das Priestersakrament, noch das Papsttum wurden in der CA genannt. Die Grundkonflikte mit Rom und Kaiser wurden umschifft. In dem eigentlichen Hauptartikel 28 wurde den Bischöfen sogar weltliche Gewalt gestattet. Hingegen wurden die Täufer, als deren Lehrer die Reformatoren attackiert worden waren, massiv angegriffen. Die Augsburger Konfessoren lenkten den Vorwurf des Aufruhrs, der von Kaiser und Papst gegen sie erhoben wurde, auf die Täufer um. An fünf Stellen wurden sie in der CA ausdrücklich verdammt.

Nach dem Bauernkrieg hatte Luther selbst Abstand vom allgemeinen Priestertum genommen. Eck hatte das in seinen 404 Artikeln als lutherische Kernketzerei angegriffen. Die Täufer hatten es gefordert, der erste der Zwölf Artikel der Bauern lautete: freie Pfarrerwahl. In der CA blieb das allgemeine Priestertum nicht nur unerwähnt. Mit zwei Artikeln wurde es sogar vom Tisch gewischt: das Amt sei von Gott eingesetzt (CA 5, 14), es werde nur "ordentlich ins Amt berufen". Das Laienpriestertum blieb Forderung der frühen Reformatoren, wurde nun zurückgenommen und ist seither ein umstrittenes Feld im Protestantismus.

An wichtigen Stellen wurden Schriftauslegungen der Bauern und der Täufer im sogenannten Schleitheimer Bekenntnis (1527) abgewiesen: so das Eidverbot, die Waffen- und Gewaltlosigkeit aus der Bergpredigt oder die Zurückweisung der Kindertaufe durch die Täufer, die hierfür keinen biblischen Beleg fanden. Die Auslegungsfreiheit, die nach der Verdolmetschung Luthers in Anspruch genommen wurde, ist in der CA wieder aufgehoben worden.

Grundzüge des reformatorischen Programms sind in der CA als Verteidigung generiert, umgedeutet und zementiert worden. Ziele der Konfessoren um Melanchthon waren: Legalität – gegenüber Kaiser und Reich; Katholizität – Zurückweisung des Häresievorwurfs sowie Behauptung der Orthodoxie; Biblizität – Absicherung oder auch Zurückweisung theologischer Aussagen durch biblische Referenzen. Die CA erweist sich als Produkt der Polemik in einer theologisch und juristisch prekären Situation, aber nicht als in Freiheit formuliertes Bekenntnis mit universaler Gültigkeit. Als sie gedruckt war, entbrannten die Debatten um ihre rechtmäßige und „wahre“ Auslegung.

Der Autor ist Professor für Kirchengeschichte an der Universität Halle. 

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