Sebastian Kneipp
Priester und Gesundheitsapostel

Das Wassertreten, auch in  Kindergärten praktiziert, ist eine Behandlungsmethode, die auf Sebastian Kneipp zurückgeht. | Foto: epd-bild, Verena Moerath
  • Das Wassertreten, auch in Kindergärten praktiziert, ist eine Behandlungsmethode, die auf Sebastian Kneipp zurückgeht.
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Vor 200 Jahren wurde Sebastian Kneipp geboren. Schon als Theologie-Student begann er, Wasserheilverfahren zu erproben. Zuerst für sich selbst, dann für die Armen und später sogar für die Kaiserin und den Papst.

Von Veit-Mario Thiede

Am 17. Mai 1821 brachte Rosina Kneipp um 23.30 Uhr ihren Sohn Sebastian zur Welt. Bereits acht Stunden später wurde er in der Basilika von Ottobeuren getauft. Sebastian Kneipps weiterer Lebensweg aber verlief über Jahrzehnte hinweg schleppend. Sein seit früher Kindheit gehegter Wunsch, Geistlicher zu werden, erfüllte sich erst mit 31 Jahren. Zum Pfarrer von Wörishofen wurde er 1881 berufen. Da war er 60 Jahre alt. Erst als er fünf Jahre später seinen Bestseller "Meine Wasserkur" veröffentlichte, beschleunigte sich sein bis dahin beschauliches Dasein enorm.

Sebastian Kneipp (1821–1897) hat im Allgäu zahlreiche Spuren hinterlassen. Anstelle des in Stephansried abgebrannten Geburtshauses befindet sich der zur Ehrung Kneipps bereits ein Jahr nach seinem Tod errichtete Obelisk. An Kneipps Geburtstag sowie am Todestag, dem 17. Juni, finden sich am Denkmal Anhänger seiner ganzheitlichen Gesundheitslehre ein. Diese basiert auf fünf Säulen. Die bekannteste ist die gesundheitsfördernde Wirkung des Wassers. Kneipp beschrieb 120 kalte und warme Anwendungen. Die weiteren Säulen sind ausgewogene Ernährung, die Heilkraft der Kräuter, ausreichend Bewegung sowie die innere Ordnung.

Zur Förderung der inneren Ordnung werden heute bei Kneippkuren Indian Balance, Yoga oder Qi-Gong angeboten. Andreas Hartmann betont, "dass Sebastian Kneipp Pfarrer und Beichtvater" war. Innere Ordnung im Sinne Kneipps meine daher, im Einklang mit sich selbst, den Mitmenschen und Gott zu leben. Hartmann ist als katholischer Pfarrer in Bad Wörishofen Amtsnachfolger Kneipps, zu dessen Ehren er zwei Sonderausstellungen eingerichtet hat.

Bis zu Kneipps erster Predigt und Heiliger Messe war es für den Sohn des Heimwebers Xaver Kneipp ein mühsamer Weg. Die armen Kneipps konnten ihrem Sohn kein Geld geben, um Theologie zu studieren. Und die Geistlichen, die er um Unterstützung bat, wollten nicht helfen. Erst 1842 fand Kneipp einen Förderer. Latein war die Voraussetzung für sein Studium der Theologie. Das brachte ihm Grönenbachs Kaplan Matthias Merkle bei. Kontakt pflegte Kneipp auch zum evangelischen Ortspfarrer und Botaniker Christoph Ludwig Köberlin, der ihn in die Pflanzenheilkunde einführte. In Bad Grönenbach erinnert ein außergewöhnliches Denkmal an den normalerweise als fülligen alten Pfarrer dargestellten Kneipp: Es zeigt ihn in jugendlicher Frische.

In Wörishofen trat Kneipp 1855 seinen Dienst als Beichtvater im Kloster der Dominikanerinnen an. Darüber hinaus machte er sich um die klösterliche Landwirtschaft verdient. Lange bevor Kneipp seine Gesundheitsbücher schrieb, verfasste er landwirtschaftliche Anleitungen wie das "Bienenbüchlein" und äußerte: "Wer als Seelsorger auch den materiellen Wohlstand des Volkes hebt, wirkt doppelt." Andreas Hartmann ergänzt: "Pfarrer Kneipp sah seine Aufgabe als Priester auch als eine soziale Aufgabe. Dazu gehörte die Förderung der Volksgesundheit."

Bereits als Student der Theologie begann Kneipp zum Zwecke der Selbsttherapie mit traditionellen Wasserheilverfahren zu experimentieren. Als junger Kaplan ließ er seine Wasser-anwendungen ausschließlich Bedürftigen zuteil werden, denen kein Arzt oder Apotheker mehr helfen konnte. Doch sowohl ein Arzt als auch ein Apotheker verklagten Kneipp wegen "Gewerbebeeinträchtigung". Der Richter sprach Kneipp nicht nur frei, sondern ermunterte ihn: "Kurieren Sie die, welche keine Hilfe bekommen und kein Geld haben, um Hilfe zu suchen, und seien Sie ein Helfer in der Not."

Davon und von vielen weiteren Begebenheiten erzählt das im Dominikanerinnenkloster untergebrachte Sebastian-Kneipp-Museum. Es verfügt über mehr als 4000 Objekte aus Kneipps Besitz, darunter Möbel, Dokumente und Fotografien. Sogar eine Kanne ist ausgestellt, mit der er seine Wassergüsse verabreichte. Um Fehldiagnosen zu vermeiden, gab Kneipp seine Sprechstunden zusammen mit Ärzten. Zu ihnen gehörte Alfred Baumgarten, der über Kneipp berichtete: "Allen möglichen Nationen gehörten die Kranken an, welche zu Kneipp wallfahrteten. Mit derbem, kräftigem, urwüchsigem Humor fertigte er alle diese Leute ab" – wenn er nicht auf Vortragsreise war oder in der Fremde Wasseranwendungen vornahm, etwa bei Kaiserin Sisi oder Papst Leo XIII.

Kneipp nahm mit seinen Büchern, Vortragsreisen und Gewinnbeteiligungen am Malzkaffee sowie weiteren unter seinem Namen vertriebenen Produkten etwa 800 000 Mark ein. Die gab er für fromme Stiftungen und der Gesundheitsförderung dienende Bauwerke wie dem noch heute von den Barmherzigen Brüdern betriebenen "Sebastianeum" aus. Deshalb schreibt Baumgarten: "So ist Kneipp arm geboren, er hat arm gelebt, ist nahezu Millionär geworden, hat alles an die Armen gegeben, und an Vermögen arm, aber an Verdiensten reich ist er gestorben." 

Mit Kneipp unterwegs
In Bad Wörishofen sind zwei Ausstellungen zu sehen: "Pfarrer Kneipp & seine Berufung" in der Pfarrkirche St. Justina und "Pfarrer Kneipp & seine Bienen"
bistum-augsburg.de/pgbadwoerishofen

In der Pfarrkirche St. Ulrich. Im Dominikanerinnenkloster Bad Wörishofen ist das Sebastian-Kneipp-Museum untergebracht. Aktuelle Informationen zu Öffnungszeiten und coronabedingten Einschränkungen unter:
kneippmuseum.de 

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