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300 Jahre Wohltemperiertes Klavier

Johann Sebastian Bach (Büste von Carl Ludwig Seffner) | Foto: epd-bild/Rolf Zöllner
  • Johann Sebastian Bach (Büste von Carl Ludwig Seffner)
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Begeben wir uns auf eine spannende Spurensuche in das Jahr 1717 nach Weimar: Johann Sebastian Bach ist 32 Jahre alt und hat ziemlich schlechte Laune.

Von Andreas Rockstroh

Bachs Dienstherr Herzog Wilhelm Ernst hat ihn für das Amt des neu zu besetzenden Hofkapellmeisters übergangen. Nach 10 Jahren bester Arbeit in der Hofkapelle, die er für den Herzog leistete, sucht Bach nun dringend eine neue Wirkungsstätte, und die findet er bei Fürst Leopold von Köthen, der ihn von Weimar abwerben möchte. Bach setzt sich über geltendes Recht hinweg und schließt hinter dem Rücken des Herzogs einen Anstellungsvertrag ab, ohne dessen Einwilligung zu erbitten. Der Herzog denkt nicht daran, seinen Angestellten ziehen zu lassen. Doch Bach möchte seine Entlassung mit aller Gewalt erzwingen.

Der Weimarer Hofsekretär protokolliert am 6. November 1717: "der bisherige Concert-Meister v. Hof-Organist, Bach, wegen seiner Halssstarrigen Bezeügung v. zu erzwingenden dimmission, auf der LandRichter-Stube arretiret worden."

Fast vier Wochen, vom 6. November bis zum 2. Dezember 1717, hält sich Bach in einem tristen kleinen Raum ohne Klavier auf. Es ist die Geburtsstunde der spektakulären und meistgespielten Sammlung der Musikgeschichte in 24 "Präludien und Fugen" durch alle 24 Dur- und Moll-Tonarten. Die Reinschrift des Zyklus erfolgte erst im Jahr 1722, also heute vor 300 Jahren.

Johann Wolfgang von Goethe schrieb am 21. Juni 1827, als ihm der Organist von Berka aus dem "Wohltemperierten Klavier" vorgespielt hatte: "… als wenn die ewige Harmonie sich mit sich selbst unterhielte, wie sichs’s in Gottes Busen, kurz vor der Weltschöpfung, möchte zugetragen haben …".

Das "Alte Testament" der Musik, wie der Pianist und Dirigent Hans von Bülow die spieltechnisch schwierige und anspruchsvolle Sammlung bezeichnete, wurde zunächst handschriftlich durch Bachs Schüler verbreitet und im Unterricht studiert, so wie es Bach im handschriftlichen Titel konzipiert hat: "… zum Nutzen und Gebrauch der Lehrbegierigen Musicalischen Jugend, als auch derer in diesem studio schon habil seyenden besonderen Zeitvertreib aufgesetzt und verfertigt". Kein geringerer als Ludwig van Beethoven, der die Sammlung bereits als Elfjähriger spielte und Teile davon zeitlebends auswendig beherrschte, benutzte die Stücke als Kompositionsschule. Er wird selbst als Komponist die 32 Klaviersonaten, das "Neue Testament" der Klaviermusik, schaffen. Dieser Zyklus darf aufgrund der hohen Qualität als der Gegenpol von Bachs zwei Teilen des "Wohltemperierten Klavier" gelten.

Das "Wohltemperierte Klavier" wurde im Jahr 1801 erstmals in drei Verlagen gedruckt und somit der breiteren Masse zugänglich. Die Sammlung hat bis heute nichts an Bedeutung verloren. Große Meister wie Mozart, Schumann, Chopin, Reger, Schostakowitsch sowie zeitgenössische Komponisten bis hin ins 21. Jahrhundert haben Bachs Meisterwerk studiert und großen Nutzen für ihre Werke daraus gezogen. Der französische Komponist Charles Gounod schuf unter Verwendung des Nr. 1 Präludiums C-Dur sein berühmtes "Ave Maria".

Im Jahr 1744 schrieb Bach den zweiten Teil des Zyklus.

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