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Nach 500 Jahren: Kirchenoberhäupter beten gemeinsam
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Mit drei kurzen Worten beendete Papst Leo XIV. kürzlich ein halbes Jahrtausend der Spaltung zwischen der Römisch-katholischen Kirche und der anglikanischen Kirche. An der Seite von König Charles III. sagte er zu der versammelten Gemeinde: „Lasst uns beten“.
Von Willi Wild
Laut Buckingham Palace war es das erste Mal seit Heinrich VIII. und seiner Abspaltung in den 1530er-Jahren, dass ein britischer Monarch und Oberhaupt der anglikanischen Kirche öffentlich mit dem Oberhaupt der Römisch-katholischen Kirche gemeinsam betete.
König Heinrich VIII. von England hatte sich einst aus machtpolitischen Motiven und der päpstlichen Verweigerung einer Ehescheidung vom Führungsanspruch des Heiligen Stuhls gelöst. 1534 übertrug er sich alle Vollmachten über die Kirche und nahm den Titel „Oberstes irdisches Haupt der Kirche von England unmittelbar unter Gott“ an. Die Trennung der Kirche Englands von der Gruppe der romtreuen Landeskirchen sorgte für eine erhebliche Schwächung der Altgläubigen auf dem Kontinent. Das Zerwürfnis war von mehreren Faktoren beeinflusst: der geistlichen Autorität, theologischer Differenzen und politischer Machtspiele.
In der Vergangenheit gab es immer wieder ökumenische Bemühungen der Annäherung. Vor allem nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1962 kamen sich der Heilige Stuhl und das Erzbistum Canterbury wieder näher. Das geschah auch durch gemeinsame Projekte in Bildung, Sozialarbeit und Mission. Weiterhin gibt es Dissens bei Themen wie Frauenordination, dem Zölibat, der Heiligenverehrung oder der Anerkennung des Papstes.
Für den Anglikaner und Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), Christopher Easthill, ist das gemeinsame Gebet trotzdem „ein riesiges Versöhnungszeichen“. Auch Diplomaten messen dem Treffen große Bedeutung bei. Großbritannien und der Vatikan haben erst 1982 nach einer viereinhalb Jahrhunderte währenden Unterbrechung die vollen diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen. Das erklärt, warum das gemeinsame Gebet der beiden religiösen Führern als ein bedeutsamer Moment zwischen ihren Kirchen und als eine wichtige Botschaft der Annäherung in einer zunehmend zersplitterten Welt aufgenommen wurde.
Sicher, das gemeinsame Gebet ist potenziell ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aber ohne konkrete, überprüfbare Schritte, Transparenz und Rechenschaft bleibt es vor allem eine Geste. Für echten Wandel braucht es messbare Initiativen und klare Ziele. Ob es einen Wendepunkt in den ökumenischen Beziehungen markiert, bleibt abzuwarten.
Autor:Online-Redaktion |
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