Familiennachzug
Hilfswerke appellieren für Erhalt

Foto: pixabay/ jnylee

Hilfswerke appellieren an die Bundesregierung, den Familiennachzug für Geflüchtete weiter zu gewähren. Die Aussetzung hätte demzufolge einen hohen menschlichen Preis und brächte kaum Entlastung für Kommunen.

Berlin (epd). Zahlreiche Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen haben zum Tag der Familie am Donnerstag an die Bundesregierung appelliert, die Möglichkeit zum Familiennachzug für Geflüchtete zu erhalten. «Familiennachzug ist eine planbare, integrationsfördernde und rechtssichere Möglichkeit, um Schutzsuchende aus Kriegs- und Krisengebieten aufzunehmen», heißt es in einem am Donnerstag verbreiteten Aufruf der Verbände. Statt den Familiennachzug noch weiter einzuschränken als bereits geschehen, sollte die neue Bundesregierung von Kanzler Friedrich Merz (CDU) die Legislaturperiode nutzen, den Familiennachzug effizienter zu gestalten.

Initiiert haben den Aufruf das International Rescue Committee, Save the Children und Terre des Hommes. Zu den 31 Mitunterzeichnern gehören unter anderen die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas sowie Amnesty International Deutschland, der Paritätische Gesamtverband und Pro Asyl. Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) forderte am Donnerstag großzügige Regelungen beim Familiennachzug.

Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD vereinbart, den Familiennachzug zu Flüchtlingen mit subsidiärem Schutzstatus für zwei Jahre auszusetzen. Derzeit gibt es für diese Gruppe ein Kontingent.
Bis zu 1.000 enge Angehörige von in Deutschland anerkannten Schutzsuchenden dürfen darüber kommen.

Die Aussetzung des Familiennachzugs führe zu langjährigen und schmerzhaften Trennungen von Familienmitgliedern, hieß es im Aufruf. Die Trennung von den Eltern und Geschwistern könne bei Kindern erhebliche psychische Belastungen und Traumata verursachen, die langfristige Auswirkungen auf sie und das Familiengefüge nach sich ziehen könnten. Vom Aussetzen des Familiennachzugs wären insbesondere Frauen und Kinder betroffen, die allein in Konfliktregionen zurückbleiben oder sich auf gefährliche Fluchtrouten begeben müssten.

«Ein Aussetzen hätte einen erheblichen menschlichen Preis, jedoch keine signifikanten Auswirkungen auf die Auslastung der Kommunen», hieß es weiter. Erfahrungen mit dem Aussetzen der Nachzugsmöglichkeit seit 2016 zeigten, dass das weder Gerichte noch Behörden entlaste, sondern zu «erheblicher Mehrbelastung durch unzählige Eilverfahren und Verfahren zur Aufnahme im Einzelfall» führe. Zudem gehörten der Wert von Familie sowie der Schutz von Kindern «zum Fundament unserer Gesellschaft». Völker- und Europarecht sowie das Grundgesetz schützten das Recht auf Familie und definierten das Kindeswohl als vorrangig.

Das Verbändebündnis machte auch Verbesserungsvorschläge: Wartezeiten an den Auslandsvertretungen sollten verkürzt und digitale Anträge ermöglicht werden. Minderjährige Geschwister, die zurzeit «mit hohen Hürden» beim Familiennachzug konfrontiert seien, müssen dem Appell zufolge ein Nachzugsrecht haben.

Der EKD-Flüchtlingsbeauftragte Christian Stäblein erklärte, wer mit seinen Nächsten in Sicherheit leben dürfe, finde schneller Halt, lerne die Sprache leichter und könne sich besser integrieren. «Familien geben Geborgenheit und Halt. Daran erinnert uns der Internationale Tag der Familie», sagte der Berliner Bischof.

Stäblein unterstrich: «Als evangelische Kirche sagen wir klar und unmissverständlich: Eltern und Kinder gehören zusammen.» Es sei ein Gebot der Nächstenliebe, dass alle Menschen, gerade auch Geflüchtete und subsidiär Schutzberechtigte, nicht über Jahre hinweg von ihren engsten Angehörigen getrennt blieben. Es brauche «großzügige Regelungen beim Familiennachzug» für eine Gesellschaft, die menschlich bleiben wolle und sich an christliche Werte erinnere, forderte der Bischof.

Hintergrund

Anders als anerkannte Flüchtlinge haben Menschen mit dem sogenannten subsidiären Schutz in Deutschland keinen Rechtsanspruch auf das Nachholen ihrer Familie. Dieses Recht wurde für diese Gruppe nach der großen Fluchtbewegung 2016 ausgesetzt. 2018 wurde ein Kontingent eingeführt, über das bis zu 1.000 enge Angehörige pro Monat einreisen können, also maximal 12.000 Personen pro Jahr. Es ist begrenzt auf Ehepartner, minderjährige Kinder oder Eltern in Deutschland lebender minderjähriger Kinder mit dem untergeordneten Schutzstatus.

Zahlen des Auswärtigen Amts zeigen, dass das Kontingent vor allem Kindern die Einreise nach Deutschland ermöglicht. 2024 wurden rund 7.300 Visa an Minderjährige im Rahmen des Kontingents für den Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten erteilt. In rund 3.200 Fällen wurde der Nachzug zu Ehegatten ermöglicht, in etwa 1.500 Fällen an Eltern.

Den subsidiären Schutz erhalten Flüchtlinge, wenn sie nicht im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention als verfolgt gelten, ihnen aber dennoch Tod, Folter oder unmenschliche Behandlung im Heimatland droht, etwa wegen eines Krieges. Vor allem syrische Flüchtlinge erhielten ab 2015 diesen Schutzstatus.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, den Familiennachzug für diese Gruppe erneut befristet auszusetzen. Nach einem Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs aus dem Jahr 2021 ist das möglich. Das Gericht verlangte eine Prüfung der Einzelfälle nach spätestens zwei Jahren.

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Online-Redaktion

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