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Mein Kirchentag

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Erlebnisse: Abgesehen von den vielen Veranstaltungen ist ein Kirchentag eine Art Familienfest. Begegnungen mit bekannten und unbekannten Menschen machen den Reiz aus. Teilnehmer aus Mitteldeutschland erzählen davon.

Na, Du hast aber zugelegt.“ Wie bitte? Was meint der „nette“ Herr mit grauem Bart, der sich vor mir am Stand des Lutherhauses Eisenach auf dem Markt der Möglichkeiten aufbaut? Mein Gehirn sucht fieberhaft einen Namen. Matthias? Friedhelm? Jedenfalls aus längst vergangenen Jugendtagen rührt unsere Bekanntschaft. Richtig! Wir waren zusammen auf dem Kirchentag 1987 in Berlin! Da war ich zarte 13 und natürlich schlanker. Die kämpferische Aufbruchstimmung von uns Jugendlichen im Ostberlin der sterbenden DDR taucht vor mir auf. Frieden schaffen ohne Waffen. Umweltbibliothek. Zionskirche. Bin mit meinem Feind baden. – Irre. Die ganzen Gefühle, Hoffnungen und Ängste dieser Zeit sind plötzlich wieder da.
2019, Kirchentag Dortmund, Infostand des Lutherhauses. Ich lade ein, stelle Bildungsangebote vor: Bibel, Kalligraphie, Entdeckerkoffer „Judentum“, erzähle von der Sonderausstellung zum „Entjudungsinsitut“ und den Achava Festspielen. Pause. Ich schlendere durch die Messehallen. Es wird geredet, gesungen, gespielt. Immer noch gibt es diese unverbesserlichen Weltverbesserer, diese alten Damen in blauen Faltenröcken und grauem Dutt, die Socken stricken für die Kinder in Indien, Kekse backen für Obdachlose. Menschen, die sich um das Seelenheil der Hunde und die Sexualität der Jugend kümmern, all diese Spinner und Gottessucher, Besserwisser und Zweifler, Lauten und Leisen. Man ist für oder gegen Abtreibung. Man kann Urlaub machen bei Diakonissen, den Regenwald retten, Gefangene besuchen, Briefe an Gott schreiben, Vulven malen. Jesus liebt dich oder Gott ist Scheiße. Alles ist bio, friedvoll und gendergerecht sowieso. Dieser ganze verrückte Haufen ist also „meine Kirche“. Pause zu Ende. Zurück an den Stand. Die Jungs von der Männerarbeit der EKD bringen mir Kaffee, ich rede mit Leuten der Nachbarstände: Vanessa von den Muslimischen Pfadfindern und Matthias von HuK „Homosexuelle und Kirche“. Markt der Möglichkeiten. Aller Möglichkeiten voll ist der Mensch. Amen.
Alexandra Husemeyer

Die Altenburger Superintendentin Kristin Jahn predigte beim Familiengottesdienst im Westfalenpark, während nebenan im Fussballstadion von Borussia Dortmund der Abschlussgottesdienst gefeiert wurde.
Autor:

Online-Redaktion

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