Frieden
"Damit wir nicht verwildern"

In Hannovers Innenstadt war das Friedenszentrum aktiv. | Foto: Gerlint Buchwald
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Friedenssynode: Parallel zum Kirchentag öffnete in Hannover ein Ökumenisches Friedenszentrum. Sein Ziel war es, eine starke Stimme gegen Krieg und Militarisierung zu erheben.

von Angela Stoye

Mehrfach äußerten die Initiatoren des Zentrums, wie sehr die Resonanz auf ihr Angebot sie freue. In der Tat: Wer am Morgen die Bibelarbeiten und Vorträge der ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann (1. Mai) und des Friedensbeauftragten der EKD, Friedrich Kramer (2. Mai), hören wollte, musste rechtzeitig da sein. Nicht nur, um einen der besten Plätze im Saal des Veranstaltungszentrums „Rotation“ zu ergattern, sondern überhaupt einen. Gekommen waren überwiegend ältere Menschen. Wie viele von ihnen mögen in ihrer Jugend im Westen gegen den Nato-Doppelbeschluss von Ende 1979 demonstriert haben? Wie viele mögen in ihrer Jugend im Osten in Friedens- und Umweltgruppen diskutiert, wie viele den Aufnäher „Schwerter zu Pflugscharen“ getragen (und abgerissen bekommen) haben? Jetzt eint sie die Sorge um die Zukunft und die Suche nach dem, was man tun könnte.

Nach Jahrzehnten, in denen viele überzeugt waren, dass Kriege wie der 2022 von Russland gegen die Ukraine begonnene, „in Europa vorbei wären“ (Friedrich Kramer im Vortrag), ist wieder einer auf dem Kontinent. Von einer „Zeitenwende“ ist gar die Rede. Große Uneinigkeit bestehe seitdem in der Frage der Waffenlieferungen, so Kramer. Zwar habe Kanzler Olaf Scholz Waffenlieferungen in die Ukraine strikt abgelehnt. Dennoch sei Deutschland heute – nach den USA – zweitgrößter Waffenlieferant. Legitim sei die Selbstverteidigung der Ukraine nach Artikel 51. „Aber wie können wir garantieren, dass unsere Waffen keine Unschuldigen treffen?“

Ein anderer Weg als der der Aufrüstung „bedeute nicht, nichts zu tun“, so Margot Käßmann in ihrer Bibelarbeit über das schwierige Thema Feindesliebe. Das werde Pazifisten immer unterstellt. Die Kirchen hätten oft mit Recht und Vernunft appelliert. Aber: „Der Krieg artet immer aus. Das war immer so, deshalb muss der Krieg beendet werden.“ Jesus in seiner Radikalität zeige eine Kontrastgesellschaft auf. Den Feind zu lieben bedeute, über die Feindschaft hinaus zu denken. „Wir sollten nicht glauben, die Welt sei in Ordnung, wenn der Feind besiegt ist.“ Käßmann betonte: Den Weg des Pazifismus zu gehen, sei nicht naiv oder dumm. „Wir brauchen Leitbilder der Hoffnung und Visionen des Friedens, damit wir ,nicht verwildern‘ (Dorothee Sölle).“

Mit dem Ökumenischen Friedenszentrum unter dem Motto „friedensfähig statt kriegstüchtig“ sollte eine theologische Stimme gegen die Militarisierung erhoben werden. Organisiert hat es ein Initiativkreis, finanziert wurde es aus Spenden, sehr viele Frauen und Männer arbeiteten vom 1. bis 3. Mai in Hannover ehrenamtlich mit. 25 Friedensinitiativen waren am Zentrum beteiligt. Zu ihnen gehörten etwa die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden, der Internationale Versöhnungsbund, Kairos Europa, das Friedensbüro Hannover oder die Deutsche Sektion von Pax Christi.

Auch beim Kirchentag spielte das Thema Frieden eine Rolle. So standen ein Friedensgottesdienst und ein Podium mit Politikern, einem Militärbischof und einem Militärhistoriker auf dem Programm. Warum aber etwas, das wie ein Angebot des Kirchentages aufgebaut, dennoch nicht Bestandteil des Kirchentagsprogrammes war, beantwortete Mit-Initiatorin Susanne Büttner (Aalen) so: „Wir sind nicht vom Kirchentag ausgeschlossen worden, aber die Formate passten einfach nicht zusammen“, so die Pfarrerin. „Wir wollten nicht diese Art Diskussion wie in einer Talkshow, sondern mit unserer Friedenssynode am 1. Mai und dem Zentrum insgesamt etwas Eigenes.“

Mit dem am 1. Mai verabschiedeten „Friedensruf“ ist dies gelungen. „Die dezidiert theologische Perspektive ist uns wichtig“, so der emeritierte Theologieprofessor Jörg Barthel (Reutlingen), der ebenfalls zu den Mit-Initiatoren gehört. Er hob hervor, dass dieser Ruf in die Gesellschaft hineinwirken solle. „Alle sollen ihn in ihrem persönlichen Umfeld, in ihren Gemeinden weitergeben und diskutieren.“ Dass der Bedarf groß ist, an den sieben Punkten des Rufes weiterzuarbeiten, zeigte die Aussprache vor der Verabschiedung. Da ging es unter anderem um Wirtschaftswachstum, Rüstungsproduktion oder das Einüben von gewaltfreiem Widerstand.

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