Mein Pilger-Blog (7)
King Charles, die Ökumene und wir
- San Giovanni in Lateran, diesmal nur von außen, angesichts der Warteschlange am Eingang
- Foto: Willi Wild
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Vom 18. bis 24. Oktober befindet sich eine Reisegruppe von Leserinnen und Lesern der Mitteldeutschen Kirchenzeitung „Glaube+Heimat“ und „Der Sonntag“, der sächsischen Kirchenzeitung, anlässlich des Heiligen Jahres in Rom. Reiseleiter und Chefredakteur Willi Wild schreibt hier seine Eindrücke und Erlebnisse nieder.
Preisfrage: Welche der 900 Kirchen Roms ist die bedeutendste? Vermutlich denken viele, dass es der Petersdom sei. Aber das stimmt nicht. Denn der Petersdom steht eigentlich nicht in Rom, sondern auf dem Territorium des Vatikan. Die wichtigste Kirche ist die Basilika San Giovanni in Laterano, die ranghöchste der vier Papstbasiliken in der Ewigen Stadt. Noch bis ins 19. Jahrhundert wurden die Päpste dort gekrönt. Und die Basilika ist die Bischofskirche des Bischofs von Rom, dem Papst. 1929 sicherten die Lateranverträge der Vatikanstadt die Staatlichkeit und unter anderem dem sogenannten Lateran und Castel Gandolfo den Status einer exterritorialen Besitzung des Heiligen Stuhls zu.
Womit wir bei einer anderen Frage sind: Worin unterscheidet sich der Vatikan vom Heiligen Stuhl? Als Vatikan wird lediglich das Territorium des Kleinstaats mit einer Gesamtfläche von einem halben Quadratkilometer bezeichnet, während der Heilige Stuhl das Leitungsorgan der weltweit 1,4 Milliarden Mitglieder zählenden katholischen Kirche mit dem Papst als Oberhaupt darstellt. Übrigens ist der Ehrenkanoniker der Lateranbasilika immer der jeweilige französische Staatspräsident. Dieser Ehrentitel stand seit 1604 französischen Königen zu, nachdem Heinrich IV. zum Katholizismus konvertierte. Mit dem Titel wäre auch heute für Emmanuel Macron das Recht verbunden, zu Pferde in die Basilika einzureisen.
Eine Innenstadtkirche Roms, die in diesem Jahr in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt wurde, ist die päpstliche Basilika Santa Maria Maggiore. Das Grab von Papst Franziskus befindet sich hier. Täglich stehen die Menschen Schlange, um einen Blick auf die einfache Grabstätte werfen zu können. Der Sage nach sei 352 n. Chr. die Madonna einem römischen Ehepaar erschienen und habe ihnen versprochen, den Wunsch nach einem Sohn zu erfüllen, wenn sie auf dem Esquilinhügel eine Kirche errichteten. Am nächsten Morgen habe auf der Spitze des Hügels mitten im August Schnee gelegen. Das wäre auch im Winter ein Wunder, denn in Rom schneit es nie. Sogleich machte man sich daran, an diesem wundersamen Ort eine Kirche zu errichten.
Unweit von Santa Maria Maggiore ebenfalls auf dem Esquilinhügel befindet sich die Kirche San Pietro in Vincoli, zu deutsch Sankt Peter in Ketten. In einem Reliquienschrein liegt eine Eisenkette, die der Legende nach die Kerkerketten des Apostels Petrus aus Jerusalem und Rom zeigt. Auf wundersame Weise seien die beiden Ketten zu einer verwoben. Aber die eigentliche Attraktion der Kirche ist die Statue des Mose von Michelangelo. Sie gehört zu den bedeutendsten Monumentalstatuen der Hochrenaissance und war eigentlich für den Petersdom beim Künstler bestellt worden. Aber zwischenzeitlich war dem Papst das Geld ausgegangen. Und so landete das Kunstwerk am Ende als zentrale Figur des Grabmonuments für Papst Julius II.
Kirchen sind auch in Rom nicht nur Kunstmuseen, sondern Gottesdienstorte in Aktion. Gerade im Heiligen Jahr feiern viele Pilgergruppen Gottesdienste, so auch in San Pietro in Vincoli, als wir die Kirche besuchen. Zur gleichen Zeit findet in der Sixtinischen Kapelle ein ökumenischer Gottesdienst statt, der in die Geschichte eingehen wird. Der britische König Charles betete als erstes Oberhaupt der Kirche von England gemeinsam mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche. Vor 500 Jahren spaltete sich die angelikanische Kirche von der römisch-katholischen ab. Heinrich VIII. sagte sich von Rom los, damit er sich von seiner Frau scheiden lassen konnte. Das gemeinsame Gebet von König Charles und Papst Leo XIV. nach 500 Jahren wird somit als historisches Ereignis und großes Zeichen der Ökumene gewertet. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), Christopher Easthill, sagte dem Domradio, dass er darin ein starkes Zeichen der Versöhnung sehe.
Papst Leo XIV. ist nicht nur geistliches Oberhaupt der Katholiken, er ist auch das Staatsoberhaupt des Heiligen Stuhls. Der wiederum vertritt in internationalen Beziehungen die römisch-katholische Kirche. Dieses souveräne Völkerrechtssubjekt ist bereits 2000 Jahre alt und unterhält zu den meisten Staaten diplomatische Beziehungen. So auch zur Europäischen Union. Als Pilgergruppe wurden wir vom EU-Botschafter am Heiligen Stuhl, Martin Selmeyr, empfangen. Die EU und der Heilige Stuhl pflegen seit 1982 diplomatische Beziehungen. Der Heilige Stuhl und die EU teilen eine gemeinsame Basis in Bezug auf Frieden und Gerechtigkeit, was sich auch auf der diplomatischen Ebene widerspiegelt. Papst Leos drei Adjektive, den Frieden betreffend, teile man auch in der EU, so Selmeyr. Der Frieden müsse echt, gerecht und dauerhaft sein. Daran arbeiteten beide Seiten auf verschiedenen Feldern miteinander, so der protestantische Botschafter.
Das kann eine Aufgabe für jeden einzelnen Pilger der Hoffnung sein, wenn wir ab morgen wieder unserer Wege gehen. Als Christen sind wir Boten des Friedens und der Hoffnung in der Welt durch den, der uns versprochen hat echt, gerecht und dauerhaft Frieden zu bringen: Jesus Christus.
Autor:Willi Wild |
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