Religionsunterricht
Keine Islamkunde im Osten

Islamunterricht für Erstklässler (Foto 2013 in der Rüsselsheimer Goetheschule) | Foto: epd-bild / Frank Möllenberg
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Die Zahl der Schülerinnen und Schüler im islamischen Religionsunterricht wächst. Sie stieg bundesweit innerhalb von drei Jahren von 60 000 auf etwa 69 000 Mädchen und Jungen, wie eine Recherche des Mediendienstes Integration ergab.

Allerdings wird in den fünf ostdeutschen Bundesländern überhaupt kein islamischer Religionsunterricht angeboten. In einigen Bundesländern seien die Angebote für muslimische Schülerinnen und Schüler ausgebaut worden, hieß es. So habe Bayern 2021 das Modellprojekt Islamkunde in ein ordentliches Fach überführt. Hamburg werde zum kommenden Schuljahr den Religionsunterricht für alle flächendeckend einführen. Bekenntnisorientierten Unterricht, den islamische Gemeinschaften organisieren, gibt es laut Mediendienst Integration in Berlin, Niedersachsen und Hamburg. Islam- oder Religionskunde in staatlicher Verantwortung werde in Bayern, Schleswig-Holstein, teils in Hessen und in Bremen gelehrt.

Die Entwicklung des islamischen Religionsunterrichts hat der islamische Theologe Bülent Ucar scharf kritisiert. Bei einer Gesamtzahl von 1,5 Millionen muslimischen Schülerinnen und Schülern sei es geradezu «lächerlich», dass nur 69 000 von ihnen islamischen Religionsunterricht erhielten, sagte der Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück. «Normal wäre es, wenn 60 bis 70 Prozent in islamischer Religion unterrichtet würden.»

Ucar erinnerte daran, dass die ehemalige Bundesregierung unter Gerhard Schröder schon vor 20 Jahren angekündigt hatte, deutschlandweit den islamischen Religionsunterricht einzuführen. «Dass bisher so wenig passiert ist, empfinde ich als skandalös.» Die verfassungsrechtlich verbriefte Wahlfreiheit werde den muslimischen Schülern vorenthalten. Das liege nicht etwa daran, dass keine Religionslehrer zur Verfügung stünden, erläuterte der Professor. «Im Gegenteil, unsere Absolventen finden keine Stellen, weil die Kultusministerien in den Ländern keine schaffen.» Viele Schulleiter wollten keinen islamischen Religionsunterricht. Sie sähen den Religionsunterricht allgemein als Auslaufmodell. Zudem fürchteten sie um die Fächer Werte und Normen oder Ethik, die derzeit mangels Alternative häufig von muslimischen Schülern besucht würden.

Ucar sieht angesichts der Säkularisierung den Religionsunterricht in Gefahr, auch wenn er in Artikel 7 des Grundgesetzes Verfassungsrang genieße. Der Druck derjenigen, die ihn abschaffen wollten, werde größer. Auch die christlichen Kirchen würden ihren Religionsunterricht nicht aufrechterhalten können. Deshalb müssten die großen Religionsgemeinschaften jetzt gemeinsam ein Konzept für einen interreligiösen Unterricht entwickeln. «Wenn wir zu lange warten, werden wir in 20 Jahren keine Gestaltungsspielräume mehr haben.» (epd)

Autor:

Katja Schmidtke

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