Warum Erwachsene evangelische Bildung brauchen

Im Wettbewerb um die Köpfe

„Wenn also einer sich sein persönliches Heil und, wie es sich gehört, das öffentliche Wohl angelegen sein lässt, so soll er alle seine Kräfte daran wenden, eine solide und umfassende Bildung zu erwerben.“

Von Uwe Kraus

Dieser Satz von Philipp Melanchthon steht als Leitwort über der Arbeit der Evangelischen Erwachsenenbildung Anhalt (eeb Anhalt) mit Sitz in Dessau-Roßlau. Michael Rohleder, dem derzeit die Geschäftsführung der 1991 gegründeten Bildungseinrichtung der Landeskirche obliegt, versteht Bildung und Begegnung als wesentliche Leitbegriffe ihrer Arbeit. Ihre Veranstaltungen wollen in einer pluralen Gesellschaft eine Plattform bieten, sich mit Fragen der Politik, der Kultur, der Wissenschaft und der Theologie in unterschiedlichen Formaten auseinanderzusetzen. Jedoch stehe man durchaus im Wettbewerb mit anderen Bildungseinrichtungen. „Die Interessenlage der Menschen verändert sich. Uns ist es wichtig, in allen Dingen, die wir organisieren, den geistlichen Aspekt herauszuheben.“

Durch die enge Kooperation mit der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Wittenberg und weiteren Partnern biete sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, mit Menschen ins Gespräch zu kommen sowie nach Antworten und Einsichten zu suchen. Michael Rohleder verweist auf die Dessauer Abende und Online-Thementage, die ein breites Interessenspektrum abdecken. „Dabei setzen wir auf viele Experten, denn wer weiß schon, wie ein Quantencomputer funktioniert oder die Raumfahrt für die Gefahrenabwehr genutzt werden kann?“ Die Bildungseinrichtung „möchte nicht von neuen Entwicklungen überrascht werden“. So haben die Veranstaltungsbesucher „bereits über Grenzen und Segen von KI diskutiert, bevor das Thema aus aller Munde klang“.

Bei den Teilnehmern hält sich das Verhältnis von Frauen und Männern zahlenmäßig die Waage, es sei aber wichtig, nicht allein über Technik zu diskutieren, sondern nicht minder über die sich verändernden Strukturen. „Die aktuellen sozialen Innovationen wirken bis in jede Gemeinde, mal schneller, mal zeitversetzt.“ Darum habe die eeb Anhalt einen deutlichen Fokus auf das Ehrenamt gerichtet. Rohleder nennt die Frauen- und Männerarbeit, ehrenamtliche Hospizarbeit und Telefonseelsorge. „Da gibt es durchaus Weiterbildungsbedarf. Ihm sei wichtig, nicht nur um den eigenen Schreibtisch in Dessau-Roßlau zu agieren. „Wir schenken gerade den besonders dünn besiedelten Regionen Anhalts unsere Aufmerksamkeit.“ Er fügt an: „Bei unseren Veranstaltungen begegnen einander jüngere und ältere Menschen. Fachleute aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaften treffen auf interessierte Laien. Frauen und Männer verschiedener weltanschaulicher Überzeugungen tauschen sich aus", so Rohleder. "Bildung ereignet sich nach unserem Verständnis im Aufeinandertreffen verschiedener Kompetenzen. Unsere Angebote dienen so nicht nur der Bildung des Einzelnen, sondern auch dem generationen- und milieuübergreifenden gesellschaftlichen Diskurs. So verstandene Bildung ist nicht nur ein gesellschaftlicher Auftrag, sondern eine Wesensäußerung protestantischer Kirchen.“

Michael Rohleder, von Hause aus Philologe, brennt für das, was er seit Jahren tut. Er erlebt mit, „wie die Technik die Gesellschaft umkrempelt“. Gleichzeitig warnt er davor, das Feld religiöser Bildung zu vernachlässigen. Hier sehe man eine Kernkompetenz, verweigere sich aber nicht aktuellen Entwicklungen. Ob die eeb Anhalt auch Ernährungskurse anbiete? Rohleder wiegt den Kopf. „Wenn der Bedarf besteht und eine Küche angemietet werden kann, warum nicht?“ Gleichzeitig verweist Rohleder aber darauf, dass Kurse zur Landes- und zur Musikgeschichte, zum Spannungsfeld von Astronomie, Astrologie und Theologie ebenso wie die Vorträge von Bibelarchäologen und zur jüdischen Historie deutlich weiter oben in der Wunschliste stehen.

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