70 Jahre Grundgesetz: Festakt und Ausstellungseröffnung in Jena
An die Würde herantasten

Zuhörer und Chronist: Der Künstler Jörg Amonat sprach mit Jenaern über ihre Vorstellung von Würde. Das Ergebnis ist derzeit in der Stadtkirche zu sehen. | Foto: Beatrix Heinrichs
  • Zuhörer und Chronist: Der Künstler Jörg Amonat sprach mit Jenaern über ihre Vorstellung von Würde. Das Ergebnis ist derzeit in der Stadtkirche zu sehen.
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Von Beatrix Heinrichs

Am 23. Mai 1949 unterzeichnete der Parlamentarische Rat in Bonn das Grundgesetz. Aus Anlass des 70. Jahrestags wird in der Jenaer Stadtkirche St. Michael die Kunstausstellung „Würdemenschen“ mit einem Festakt eröffnet.
Zu sehen sind siebzehn großformatige Tafeln. Sie zeigen Frauen, Männer und Kinder und ihre ganz persönliche Sicht auf der den Artikel 1 des Grundgesetzes. Gestaltet hat die Tafeln der aus Thüringen stammende Bildhauer Jörg Amonat. Mit dem Thema Würde habe er sich schon seit einigen Jahren beschäftigt, erzählt Amonat. Warum er das Projekt in Jena angesiedelt hat, habe Gründe: „Bei Recherchen bin ich auf das Essay ›Über Anmut und Würde‹ von Friedrich Schiller gestoßen, das er 1793 hier in Jena geschrieben und veröffentlicht hat.“ Neben der intellektuellen Verbindung von Ort und Thema, habe es auch eine praktische Erwägung gegeben.
Die Kunstaktion setzt auf Bürgerengagement. In Jena, so sagt Amonat, habe er dafür die passenden Strukturen gefunden. Die Ausstellung in der Stadtkirche ist nur ein Bestandteil des Projektes. „Das Herz von ›Würdemenschen‹, sind die Gesprächskreise“, erklärt Amonat. Hier sind auch die Tafeln für die Ausstellung entstanden. Seit Februar finden die Gesprächskreise in Kirchengemeinden, in diakonischen oder städtischen Einrichtungen statt. „Es ist etwas Besonderes, dass wir in unserer Stadt über einen Zeitraum von mehreren Monaten die Würde des Menschen thematisieren“, sagt Sebastian Neuß, Superintendent des Kirchenkreises Jena. Gewinnen konnte Amonat für seine Idee unter anderen den Thüringer Hospiz- und Palliativverband, das Jenaer Frauenhaus, die Diako Thüringen mit dem Seniorenwohnheim Am Villengang, die Freie Gesamtschule Universaale, den Verein „Ein Dach für alle“ und das Fanprojekt des FC Carl Zeiss Jena als Träger der freien Jugendhilfe.
In den Gesprächen mit Kindern, Obdachlosen oder alten Menschen nicht nur über ihre Vorstellung von Würde zu sprechen, sondern auch zu erfahren, ob und wo es in ihrem Leben Bereiche gibt, die sie als würdelos wahrnehmen, habe ihn besonders interessiert, sagt Amonat. Die Ergebnisse aus diesen Gesprächen hat Amonat, in Wort und Bild festgehalten.
„Um die zeitgemäße Ausgestaltung der Menschenwürde muss stets neu gerungen werden“, sagt die Regionalbischöfin für den Sprengel Gera-Weimar, Friederike Spengler, die auch zum Festakt in Jena sprechen wird. „Für mich ist der Grundsatz der Würde des Menschen in der Verfassung nicht ohne den Gottesbezug in deren Präambel zu denken. Das Grundgesetz statuiert die Menschenwürde als unverhandelbare Voraussetzung, deren Schutz und Achtung Aufgabe des Staates ist.“ Das Gesetz definiere dabei aber nicht, was „Würde“ ist, so Spengler. Dieses Verständnis immer wieder auszuloten, dafür sei ein Kunstprojekt wie das von Jörg Amonat „großartig geeignet“, meint Sebastian Neuß. Die Gesprächskreise sollen noch bis September fortgeführt werden. Die Tafeln, die Jörg Amonat in dieser Zeit gestaltet, werden in acht weiteren Ausstellungen in den teilnehmenden Einrichtungen zu sehen sein.
Zu den Unterstützern der Kunstaktion, deren Schirmherrschaft Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow übernommen hat, zählen die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, der Kirchenkreis Jena sowie die Bundeszentrale für politische Bildung und die Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen.

Festakt 70 Jahre Grundgesetz: 23. Mai, 17 Uhr, Stadtkirche Jena. Die Ausstellung ist bis zum 24. Juni zu sehen.

www.wuerdemenschen.de

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Online-Redaktion

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