Wort zur Woche
Wissen, was zu tun ist
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Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten
und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. Micha 6, Vers 8
„Manchmal weiß ich gar nicht mehr, was richtig und gut ist“, sagt Johann und rührt gedankenverloren in seinem Kaffee. Es ist Donnerstagnachmittag und er sitzt mit zwei Kollegen nach der Arbeit zusammen.
Von Katharina Freudenberg
Heute musste er über ein Bauvorhaben beraten. Neuer Wohnraum soll entstehen, ein großer Komplex. Aber an der geplanten Stelle greift der in die Natur und die Nachbarschaft ein. Einige Anwohner würden dauerhafte Nachteile davon haben, und eine naturbelassene Wiese würde versiegelt werden. Rechtlich kennt Johann alle Kniffe, die es braucht, damit das Vorhaben in die Gänge kommt und auch danach juristisch wasserfest ist. Aber heute hat er bei einer Ortsbegehung zufällig die Gespräche und die Stimmung einiger Anwohner mitbekommen: die Traurigkeit, die Wut und Ohnmacht, nichts gegen das Projekt ausrichten zu können. Um den Interessen seiner Firma nachzukommen, muss Johann seinen juristischen Sachverstand so einsetzen, dass die Gebäude schnell und mit so wenig Störungen wie möglich gebaut werden. Aber in seinem Inneren spürt er, dass es ihm nicht einerlei ist, dass die Anwohner und auch die Natur einfach übergangen werden. „Juristisch ist das alles richtig, was ich mache, aber menschlich fühlt es sich falsch an.“ Er steckt in einem Dilemma, wie jeden Tag unzählige Menschen auch. Es gibt so viele Zwänge, denen man schwer entkommen kann.
Der Wochenspruch des Propheten Micha klingt beim ersten Lesen so klar und deutlich. Geschrieben ist er als eine Erinnerung: Eigentlich weißt du das längst, lieber Mensch, es ist dir bereits gesagt, was gut ist. Und doch scheint der Mensch diese Erinnerung zu brauchen. Sich an Gottes Wort zu halten, Liebe zu üben und auch das eigene Handeln in Fragestellen zu lassen (Demut), ist kein Selbstläufer, sondern eine tägliche, manchmal schwere und herausfordernde, Übung. Was würden Sie an Johanns Stelle tun?
Die Autorin ist Pfarrerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Theologischen Fakultät der Universität in Halle.
Autor:Online-Redaktion |
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