Wort zur Woche
Ohne Pflanzstab fehlt der Halt

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Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.
Hebräer 3, Vers 15

Wann immer der kleine Junge nur in die Nähe eines Pflanzstabes kam, hatte er ihn auch schon in der Hand. Rausgezogen und in die Höhe geschwungen. Was man alles damit machen kann! In Pfützen matschen, dem Lattenzaun dumpfe Klänge entlocken, Regenwürmer aufspüren, sich gegen sichtbare und unsichtbare Quälgeister verteidigen. So ein Stock bekam richtig Leben, wenn er in seine Hände geriet.
Das Pflänzchen ohne Stab aber musste entweder bald einen Ersatz bekommen oder sich schleunigst einen robusten Stängel wachsen lassen. Wie wichtig, dass zartes Leben sich irgendwo anlehnen kann, im Schutze von etwas Starkem heranwächst. Das alles war gestern.
Heute ist er groß. Und stark. Pflanzstäbe lassen ihn kalt; sollen sich Pflänzchen ruhig an ihnen entfalten. Bis sie ebenfalls von der Wurzel bis zum Wipfel verstocken. Gott sei’s gedankt, ihr Pflänzchen! Und doch beschleicht mich die wehmütige Ahnung: Welch traurige Vergeudung, wenn reifes Leben sich nirgendwo mehr berühren lässt. Sich in einer Hartnäckigkeit wiegt, die stocksteif werden lässt.
Ach, das Gestern: peinliche Erinnerung an Schwachheit oder Schwachsinnigkeit das eine Mal, ein andermal Inbegriff des Lebendigseins. Und das Heute? Mischung aus Routine und eisernem Willen. Hey, erinner’ dich doch! Kind warst du, mit neugierigem Herzen. Jeden hellen Morgen offen für die Überraschungen des bloßen Lebens. Beweglich warst du, schutzbedürftig und geschützt. Heute, wenn du atmest, wenn du hörst, wenn du heute liebst: Dann spüre dich. Deine Lebendigkeit. Und nimm im Innersten wahr: Das Leben ist immer noch neu, und du neu-gierig. Nur die Rinde ist hart, weich aber das Herz! Und jetzt, wo du Leben in dir rauschen fühlst, dich selbst erkennst: Wisse dich als Geschenk, schutzbedürftig, immer noch. Und geschützt, immerzu. Du brauchst nicht dein eigener Pflanzstab zu sein. Am Pflanzstab des ewigen Gärtners halte dich fest, lauschend; dankbar und ruhig.

Pfarrerin Cornelia Kühne, Niedertrebra

Autor:

Online-Redaktion

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