Wort zur Woche
Gerade noch mal gut gegangen ... Gott. Sei. Dank.

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Wort zur Woche Aller Augen warten auf dich, Herr, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
Psalm 145, Vers 15

Da stehen sie und fixieren mich, mehrere Augenpaare, voller Erwartung. Gleich wird es dunkel, ich muss mich beeilen, sie haben Hunger. Es ist ein Herbstabend. Ich habe an diesem Tag lange Besuche im Krankenhaus gemacht, nun noch schnell eine neue Koppel für die Pferde bauen. Ich sehe die Herde, und dabei fällt mir der Vers aus dem Psalm ein.
Nein, sie halten mich nicht für Gott. Ich bin nur die, die das Futter verwaltet. Wachsen lässt es ein anderer. Er gibt dazu gratis wilde Früchte, Schlehen und Hagebutten an den Sträuchern am Rand. Schon lange vermute ich, dass Tiere einen viel unmittelbareren Zugang zu Gott haben – oft anders als wir Menschen, dass es für sie keine Frage ist, ob es ihn gibt.
Geschafft, ich öffne den Zaun. Es ist genug Gras nachgewachsen. Zufrieden beginnen sie zu grasen.
Letztes Jahr wuchs an dieser Stelle nichts mehr. Die Wiesen waren vertrocknet, verbrannt. Da hatte ich eine Vorstellung von den elementaren Sorgen derer, die schon lange mit solchen Bedingungen leben müssen. Ich ahnte, wie es ist, wenn es keine Speise zur rechten Zeit mehr gibt. Von einem Dürresommer war die Rede.
Aber in den Supermärkten blieben die Regale voll. Wir hatten und haben wie immer mehr zu essen als wir brauchen. Es ist gerade noch einmal gut gegan-gen … vielleicht könnten wir ja doch einfach so weitermachen?
Es hat sich etwas getan. Dem Protest einer jungen Frau aus Schweden schließen sich weltweit immer mehr Menschen an. Ihnen steht deutlich vor Augen, dass wir so nicht weiterleben können wie bisher. Wir sind nicht Gott. Wir sind die, die bebauen und bewahren sollen.
Erste Sterne sind am Himmel sichtbar geworden. Ich gehe nach Hause, freue mich auf das Abendbrot, Speise zur rechten Zeit. Beim Gehen noch ein letzter Augen-Blick zurück: Ich bin dankbar für das, was da gewachsen ist.
Gott. Sei. Dank.
Pastorin Babet Lehmann, Klinikseelsorgerin am Universitätsklinikum Jena

Pastorin Babet Lehmann, Klinikseelsorgerin am Universitätsklinikum Jena | Foto: privat
Autor:

Online-Redaktion

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