Wolf Biermann
"Vom Regen in die Jauche"

Liedermacher, Dichter und DDR-Dissident Wolf Biermann 
 | Foto: epd-bild/Frank Senftleben
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Wolf Biermann steht wie kein anderer für deutsch-deutsche Geschichte. Eine Ausstellung zeichnet in Berlin sein Leben und Werk nach. Zu sehen sind unter anderem Briefe, Tagebücher, Fotos, seine Gitarre und ein Paar Kinderschuhe, die er anfertigte.

Unter dem Titel „Ein Lyriker und Liedermacher in Deutschland“ zeigt das Deutsche Historische Museum in Berlin (DHM) eine Ausstellung über Wolf Biermann. In der Schau sind von Freitag an rund 280 Objekte zu sehen, wie das Museum am Mittwoch mitteilte. Anhand von Dokumenten, Tagebüchern, Audio- und Videoaufnahmen, Medienberichten, Musikinstrumenten und persönlichen Gegenständen werde sein politisches Leben und künstlerisches Schaffen sichtbar. Zudem werden Kunstwerke und Plakate gezeigt. Geöffnet ist die Ausstellung bis zum 14. Januar 2024.

Ausgehend von der zentralen Rolle der Kultur in der DDR zeichnet die Ausstellung den Lebensweg des 86-Jährigen nach. Videos zeigen, wie der 1953 in die DDR übergesiedelte Biermann mit Helene Weigel (1900-1971) am Berliner Ensemble auf der Bühne steht oder dem Komponisten Hanns Eisler (1898-1962) vorsingt. Zu sehen ist auch die Ausgabe der DDR-Nachrichtensendung „Aktuelle Kamera“, in der 1976 über Biermanns Ausbürgerung aus der DDR informiert wird.

An Audio- und Video-Stationen können Besucher unter anderem seine Lieder hören und seinen Auftritt im Bundestag zum 25. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer verfolgen. Ein Brief an den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki ist vor dem Hintergrund seines Wechsels von Ost nach West „vom Regen in die Jauche“ überschrieben. Ein Paar Schuhe, das er für seine eigenen Kinder anfertigte, ist ebenso zu sehen wie ein Essensbehälter der Wehrmacht, in dem seine Tagebücher in einem Garten vergraben und versteckt wurden.
Der Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum, Raphael Gross, sagte bei der Vorstellung der Schau, Biermann sei ein „Kristallisationspunkt für viele Linien des 20. Jahrhunderts“. Trotz der Verfolgung in der DDR sei seine Biografie alles andere als typisch. Ihm seien Gefängnis und andere Arten von Gewalt erspart geblieben: „Für viele, die die DDR erlebt und in ihr vielfach gelitten haben, war und ist Biermann eine kaum zu überschätzende Identifikationsfigur.“

In der Ausstellung geht es unter anderem um die Kulturpolitik der DDR, Biermanns Ausbürgerung und die Proteste dagegen sowie sein Leben in der Bundesrepublik Deutschland. Ein eigenes Kapitel dokumentiert die Geschichte von Biermanns Vater Dagobert, der 1943 in Auschwitz als Jude und Kommunist ermordet wurde. Bei Recherchen zur jüdischen Familiengeschichte stieß die Kuratorin der Ausstellung, Monika Boll, nach eigenen Angaben auf Anträge von Wolf Biermann aus den 50er Jahren auf Wiedergutmachung. Diese seien mit dem Argument abgelehnt worden, sein Wohnsitz befinde sich nicht auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland.

Boll sagte, im Aufnahmegesuch für die SED sei nicht von Biermann als Liedermacher und Lyriker die Rede. In dem Schreiben bezeichne er das Studium des Marxismus und der Philosophie als Grundlage für Theaterarbeit. Vor dem Hintergrund seiner späteren Karriere habe das bei der Vorbereitung der Schau überrascht.
Der in Hamburg als Sohn einer Arbeiterfamilie geborene Biermann lebt seit seiner Ausbürgerung aus der DDR wieder in Hamburg. (epd)

Autor:

Katja Schmidtke

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