Ausstellung
«Inflation 1923 - Krieg, Geld, Trauma»

Wäschekörber voller Geld: Die Hyperinflation von 1923 ist Gegenstand der großen Ausstellung "Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma" des Historischen Museums in Frankfurt am Main in diesem Jahr. Im Foto: Die Kuratoren Frank Berger und Nathalie Angersbach. | Foto: epd-bild/Tim Wegner
  • Wäschekörber voller Geld: Die Hyperinflation von 1923 ist Gegenstand der großen Ausstellung "Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma" des Historischen Museums in Frankfurt am Main in diesem Jahr. Im Foto: Die Kuratoren Frank Berger und Nathalie Angersbach.
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Infolge des Ukraine-Kriegs ist Inflation wieder ein Thema. Wie sich die Angst vor einer Inflation aufgrund der Hyperinflation von 1923 ins Gedächtnis der Deutschen eingebrannt hat, stellt eine Ausstellung in Frankfurt vor.

Jens Bayer-Gimm (epd)

Mit ihren Bildmotiven von Albrecht Dürer sehen sie aus wie seriöse Geldscheine, die Beträge aber lassen stutzen: 20 Billionen Mark, 50 Billionen, 100 Billionen. «Das waren 1923 die höchsten Beträge», erläutert der Kurator des Historischen Museums Frankfurt am Main, Frank Berger. «Inflation 1923 - Krieg, Geld, Trauma» heißt die vom 3. Mai bis 10. September geöffnete Sonderausstellung. Erstmals mache ein Museum in Deutschland die Hyperinflation vor 100 Jahren zum Ausstellungsthema, hebt der Direktor Jan Gerchow hervor. Frankfurt als der Finanzplatz Deutschlands seit dem 13. Jahrhundert und Sitz der Deutschen Bundesbank sei für eine solche Schau prädestiniert.

Die Geldentwertung infolge des Ersten Weltkriegs erschütterte die junge Weimarer Republik. Bereits 1919 nach Kriegsende habe die Mark 95 Prozent ihres Werts verloren, erklärt Berger. Die rund 100 Milliarden Mark, die Bürger dem Staat für Kriegsanleihen gegeben hatten, wurden wertlos. Die in der Schau gezeigten Werbeplakate
versprachen: «Die Zeit ist hart, aber der Sieg ist sicher.» Zum Platzen dieser Illusion kamen schwere Reparationszahlungen an die Alliierten hinzu. Zahlreiche Karikaturen zielten auf die ehemaligen Kriegsfeinde. Auf einer Zeichnung zur französisch-belgischen Besetzung des Ruhrgebiets 1923 saugt eine Fledermaus mit französischem Helm an der Kehle einer Frau, in der Bildunterschrift heißt es «Der Vampyr im Ruhrgebiet».

Faschingskostüm aus Geldscheinen

Waren wurden knapp, während Städte und Unternehmen ermächtigt wurden, selbst Geldnoten drucken zu dürfen. Folgen der Hyperinflation zwischen August und November 1923 waren Schwarzhandel und Plünderungen, Streiks und Krawalle. Ein Journalbuch des Frankfurter Bankhauses Metzler führt lange Zahlenkolonnen auf. Das Bankhaus habe 1923 die Zahl der Mitarbeiter verdoppelt, um mit dem Zählen und Eintragen der Riesenbeträge in die Bücher nachzukommen. Die Inflation vernichtete die Geldvermögen von Bürgern und Stiftungen und beseitigte Schulden, etwa des Staates. Neben diesem profitierte die Exportindustrie, die billig produzierte Waren für harte Devisen verkaufte, wie Berger erklärt.

Der Hyperinflation ein Ende bereitete erst die Gründung der Deutschen Rentenbank und die Einführung der Rentenmark im November 1923 unter Reichskanzler Gustav Stresemann (1878-1929) und Finanzminister Hans Luther (1879-1962). Eine Billion Mark wurde in eine Rentenmark getauscht, die wieder denselben Dollarkurs hatte wie eine Goldmark 1914 vor Kriegsbeginn. Die neue Währung habe funktioniert, weil die Leute in «das gute alte Geld» vertrauten, sagt der Kurator. Für die alten Scheine fand eine Fastnachterin aus Hanau Verwendung. Sie steckte die grünlichen und rosafarbenen Tausender und Millionen zu einem langen, taillierten Kleid zusammen und ging als Frau «Inflation» auf die Fastnacht. Das Kleid ist hinter Glas zu bewundern.

Die Erfahrung der Inflation 1923 habe die Deutschen geprägt, findet Berger. Die Angst vor einer Geldentwertung habe auch die Währungsreformen vor Gründung der Bundesrepublik 1948, bei der Wiedervereinigung 1990 und die Einführung des Euros 2002 in Deutschland begleitet. So zieren die Titel des Magazins Der Spiegel vom 9.12.1991 die Überschrift «Angst um die Mark» und vom 17.2.1997 «Abenteuer Euro: Krise der Staatsfinanzen, schwache D-Mark».  Auffällig sei, dass die Deutschen trotz dieser Erfahrung im internationalen Vergleich wenig Aktien kauften und viel sparten, sagt Direktor Gerchow. Immerhin habe sich die Erfahrung der Körbe voller wertloser Geldscheine, die in der Schau zu sehen sind, in den vergangenen 100 Jahren nicht wiederholt.

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11-18 Uhr, Montag geschlossen.
Zur Ausstellung gibt es Führungen, zudem wird eine Vortrags- und eine Filmreihe angeboten. Ein Katalog ist erhältlich.

Autor:

Katja Schmidtke

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