Blickwechsel
Irak: Christen fordern neue Verfassung

Prozession in der Stadt Karakosch (Baghdeda) in der Ninive-Ebene. | Foto: Kirche in Not
  • Prozession in der Stadt Karakosch (Baghdeda) in der Ninive-Ebene.
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Zwei Jahrzehnte nach Beginn des Irakkrieges, der zum Sturz des Regimes von Saddam Hussein führte, sehen sich Christen im Irak noch immer als Bürger zweiter Klasse.

Von André Stiefenhofer

Das meint der syrisch-katholische Erzbischof Nathanael Nizar Wadih Semaan – und hat klare Forderungen an die Politik: „Wir fordern eine Verfassung, die sich auf Menschlichkeit gründet – nicht auf Religion. Eine Verfassung, die auf einer bestimmten Religion basiert, bedeutet, dass man gemäß dieser Religion behandelt werden kann. Das wollen wir nicht.“ Nizar leitet die syrisch-katholische Eparchie Adiabene mit Sitz in Ankawa bei Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan. Der Erzbischof betont, dass sich die Christen um gute Beziehungen zur Zentralregierung wie zur kurdischen Verwaltung bemühten: „Als Christen verlangen wir nichts Besonderes, wir wollen, dass unsere Menschenwürde genauso akzeptiert wird wie die aller anderen Iraker.“

Laut dem katholischen Hilfswerk "Kirche in Not" ist die aktuell gültige irakische Verfassung von 2005 widersprüchlich. Sie schütze zum einen die religiösen Rechte von Christen und anderen Minderheiten, zum anderem bestimme sie den „Islam zur Staatsreligion und zu einer Quelle der Gesetzgebung“, heißt es in der Dokumentation "Verfolgt und vergessen?" des Hilfswerks aus München. Der Übertritt vom Islam zum Christentum sei nach wie vor gesetzlich verboten. Christen fühlten sich nach wie vor in Eigentumsfragen, am Arbeitsplatz und bei öffentlichen Ämtern benachteiligt. Hinzu kommt laut "Kirche in Not" die anhaltende Bedrohung durch Schläferzellen des „Islamischen Staates“ (IS), der Beobachtern zufolge insbesondere im ländlichen Irak und in Syrien eine sehr aktive Kraft darstelle.

Gleichzeitig hatte die irakische Regierung Schritte auf die Christen und anderen religiösen Minderheiten zu gemacht: So ist zum Beispiel Weihnachten seit 2020 ein nationaler Feiertag. Politiker betonten immer wieder, dass die Christen wichtiger Bestandteil der irakischen Gesellschaft seien. Große Bedeutung kam in diesem Zusammenhang auch dem Irak-Besuch von Papst Franziskus im März 2021 zu, betont Erzbischof Nizar: „Er hat Hoffnung in unser Herz gepflanzt. Er hat uns das Gefühl gegeben, dass die katholische Kirche uns nicht vergessen hat.“

Die Zahl der Christen im Irak liegt Schätzungen von „Kirche in Not“ zufolge heute bei 150 000, im Jahr 2014 waren es noch etwa doppelt so viele. Damals begannen die Eroberungen des IS, die zu einem Völkermord an der christlichen Minderheit führte und Zehntausende zur Flucht zwang.

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Praktikant G + H

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