Jurist Martin Rehborn
Kirchen haben als Tendenzbetriebe Sonderrechte
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Eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamm zum Abtreibungsverbot im «Klinikum Lippstadt - Christliches Krankenhaus» hat eine Debatte über kirchliche Rechte ausgelöst. Der Dortmunder Jurist und Lehrbeauftragte für Gesundheitsrecht, Martin Rehborn, erläutert im Gespräch mit Holger Spierig, dass Kirchen Sonderrechte haben. Diese müssten sich nicht automatisch im Rahmen des Grundgesetzes bewegen. Nach dem Urteil darf das Klinikum dem Chefarzt und Gynäkologen Joachim Volz Abtreibungen untersagen.
Kritiker der Entscheidung argumentieren, dass kirchliche Sonderrechte sich innerhalb des Grundgesetzes bewegen müssten. Wie sehen Sie das?
Rehborn: Die Rechte der Kirche bewegen sich nicht immer automatisch im Rahmen des Grundgesetzes. Sonst bräuchte es ja keine Sonderrechte. Das haben auch Bundesverfassungsgericht und Bundesarbeitsgericht so gesehen. Die katholischen und evangelischen Kirchen haben bestimmte Sonderrechte: Sie sind sogenannte Tendenzbetriebe.
Was bedeutet das?
Rehborn: In einem Tendenzbetrieb kann etwa ein Herausgeber eines kirchlichen Presseorgans seinen Redakteuren eine bestimmte Tendenz vorgeben. Die Meinungsfreiheit hat gerade bei Tendenzbetrieben Grenzen. Dass die Kirchen diesen Tendenzbetriebsregelungen unterliegen, wird durch die Vorschriften im Grundgesetz deutlich gemacht.
Was bedeutet das bei der Frage des Schwangerschaftsabbruchs?
Rehborn: Der Kläger beruft sich auf medizinisch notwendige Schwangerschaftsabbrüche. Das müsste man aber definieren. Eine medizinische Notwendigkeit besteht sicher, wenn das Leben der Mutter gefährdet ist. Es gibt aber auch eine soziale Indikation. Wenn jemand sagt, man habe schon drei Kinder und sei nicht auf ein viertes Kind eingestellt, fasst man das heute unter Zumutbarkeitsregelungen in den Schwangerschaftsabbruchsregelungen. Dann kann es ja nicht sein, dass die Kirche, die sich dagegen wendet, verpflichtet ist, so etwas in ihren Krankenhäusern zuzulassen.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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