DDR
Historiker: 17. Juni hat gesamtdeutsche Bedeutung

Sowjetische Panzer sind am 17. Juni 1953 während des Arbeiteraufstands in der DDR auf dem Potsdamer Platz in Ost-Berlin aufgefahren. | Foto: epd-bild / akg-images
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Berlin (epd) - Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR darf aus Sicht des stellvertretenden Berliner Aufarbeitungsbeauftragten Jens Schöne nicht nur als ostdeutsche Regionalgeschichte gesehen werden. Er müsse stärker als bisher als „Ereignis von gesamtdeutscher Bedeutung“ verstanden werden, sagte der Historiker anlässlich des 70. Jahrestags des Aufstands. Damals waren DDR-Bürger mit der Forderung nach weitreichenden sozialen und politischen Veränderungen auf die Straße gegangen. Sowjetarmee und DDR-Polizei beendeten die Proteste gewaltsam, mindestens 55 Menschen wurden getötet.

Der Volksaufstand habe wie die meisten historischen Ereignisse regional stattgefunden, sich aber keineswegs darauf beschränkt. „Die Forderung nach der deutschen Einheit wurde sehr schnell erhoben“, sagte der stellvertretende Beauftragte des Landes Berlin zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Auch die Forderung nach freien Wahlen habe darauf abgezielt, denn bei einem Urnengang hätte die SED nicht gewonnen.

Proteste und Unterstützung aus der Bundesrepublik seien für die Zeit nach dem Aufstand überliefert, sagte Schöne. Die bundesdeutsche Politik habe fortan immer die Möglichkeit des Aufbegehrens berücksichtigen müssen. Es habe Tote aus West-Berlin gegeben, Opfer des Aufstandes seien dort begraben worden.
Defizite bei der Aufarbeitung des Aufstands sieht der Historiker bei den Entscheidungsfindungen in Moskau, bei der Rolle von Frauen und den Vorgängen in ländlichen Regionen. Er plädiert auch für Forschungen über Abläufe, Reaktionen, Schlussfolgerungen in der damaligen Bundesrepublik. Damit sei ausdrücklich nicht gemeint, dass es von dort eine Inszenierung oder einen Anstoß für den Volksaufstand gegeben habe, unterstrich er: „Das wäre reine SED-Propaganda.“

Der Volksaufstand müsse überdies stärker in die europäische Widerstandsgeschichte eingeordnet werden, mahnte Schöne. Er verwies unter anderem auf den Volksaufstand in Ungarn von 1956, den Prager Frühling 1968 und Umstürze im sowjetischen Machtbereich ab Ende der 1980er Jahre. Die Erinnerung an den Volksaufstand von 1953 sei auch im ehemaligen Ostteil des Landes aber im Schwinden begriffen. Wichtig sei, weiterhin an alle Opfer des Volksaufstands zu erinnern, an die Getöteten und diejenigen, die anschließend Repressalien erlitten.

Autor:

Katja Schmidtke

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