NS-Zeit
Zentralratspräsident Schuster warnt vor einem «Schon wieder»

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster | Foto: epd-bild/Tim Wegner
  • Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster
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Würzburg (epd) - Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat seine Wut über antiisraelische und Pro-Hamas-Demos auf deutschen Straßen zum Ausdruck gebracht. «Wer Terror bejubelt, hat aus der Geschichte nichts gelernt und hat in unserer Gesellschaft nichts verloren», sagte Schuster am Mittwochabend bei der Gedenkfeier in Würzburg zur Reichspogromnacht vor 85 Jahren laut Redetext. Es erfülle ihn «mit großer Wut», dass es in Deutschland Menschen gebe, «die die brutale Ermordung von 1.300 Jüdinnen und Juden» durch die Hamas am 7. Oktober nicht nur guthießen, sondern feierten. Das Versprechen des «Nie wieder» wandle sich zu einem «Schon wieder».

Der Unterschied zur deutschen Gesellschaft im Jahr 1938, dem Jahr der Reichspogromnacht, sei «sicherlich, dass unsere Gesellschaft als Ganzes wesentlich wehrhafter gegen den Hass der Faschisten» sei. Er sei aber schockiert, wie oft man bei der Erwähnung des blutigsten Tages für Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust ein lakonisches «Ja, aber' hört». So mancher wolle die Gräueltat der Hamas offenbar
relativieren: «Die Idee, dass es einen Kontext geben könnte, welcher ein Massaker, bei dem unter anderem 40 Babys geköpft wurden, irgendwie relativiert oder gar rechtfertigt, ist nichts weiter als eine moralische Bankrotterklärung.»

Schuster, der in Würzburg lebt, sprach von einer «unheiligen Allianz» von Antisemiten und Israel-Hassern vom linksextremen bis zum rechtsextremen und islamistischen Spektrum. Es gebe Parallelen in der Geisteshaltung dieser Menschen: «Die Dämonisierung der Juden damals ist heute der jeder historischen Fakten und Kontexte entbehrenden Idee von Israel als westlichem Kolonialstaat gewichen», erläuterte er. «Wenn das Existenzrecht Israels deutsche Staatsräson ist, dann heißt das auch, dass das unverrückbar verknüpft ist mit dem Erinnern und Gedenken an den 9. November», sagte er laut Redemanuskript am Platz der ehemaligen Synagoge.

Mit der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 gingen die Nationalsozialisten zur offenen Gewalt gegen die jüdische Minderheit im Dritten Reich über. Vielerorts brannten die Synagogen und jüdischen Gebetshäuser. Jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden verwüstet und jüdische Bürger misshandelt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass mehr als 1.300 Menschen getötet und mindestens 1.400 Synagogen in Deutschland und Österreich stark beschädigt oder zerstört wurden. Auch die Würzburger Synagoge wurde geschändet, nur wegen der dichten Bebauung wurde sie damals nicht niedergebrannt.

Autor:

Katja Schmidtke

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