Kunsthaus Apolda
Zwischen Faun und Minotaurus

- Kunsthistorikerin Claudia Söllner (l.), die Leiterin des Kunsthauses, und Melanie Lange, die Kuratorin der Ausstellung, vor der Farblithografie "Porträt eines Faun" von Jean Cocteau aus dem Jahr 1958.
- Foto: Foto: Willi Wild
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Kunsthaus Apolda Avantgarde: Gerade hat es seinen 30. Geburtstag gefeiert. Die nachwendliche Neugründung hat sich zu einem Publikumsmagneten entwickelt, weit über das regionale Umfeld hinaus. Nun wird die Jubiläumsausstellung „Pablo Picasso & Jean Cocteau“ diese Erfolgsgeschichte weiterschreiben.
Von Doris Weilandt
Durch die Zusammenarbeit mit den Kunstsammler Hermann Krause ist es gelungen, eine hochkarätige Auswahl von Grafiken und Zeichnungen zu bekommen, die die Künstlerfreundschaft der beiden Protagonisten der Moderne vorstellen. Kennengelernt haben sich beide in Pariser Bohemekreisen. Cocteau war dort durch seine Stegreifdarbietungen zu einem Star geworden. Eine nähere Beziehung zu Picasso, die die Freundschaft begründete, entwickelte sich 1915 durch ein gemeinsames Tanz-Projekt. Sergej Diaghilews „Ballets Russes“ war als Inbegriff des modernen Tanzes bestens geeignet und dafür auserkoren. Die Realisierung verzögerte sich durch den Ersten Weltkrieg. Cocteau hatte sich freiwillig gemeldet und kam erst 1917 dazu, das Libretto für das kubistische Ballett „Parade“ zu verfassen.
Im September des gleichen Jahres schrieb Picasso in einem Vertragsbrief an Diaghilew: „Unsere mündliche Abmachung bestätigend, erkläre ich mich hiermit bereit, die Ausstattung (Bühnenbilder, Vorhänge, Kostüme und Requisiten) des Balletts ›Parade‹ von Jean Cocteau und Erik Satie zu übernehmen“. Gemeinsam fuhren sie mit dem Startänzer Massine nach Neapel, um vor Ort Eindrücke zu sammeln: „Picasso war begeistert von den majestätischen Ruinen“, berichtete Massine.
Mit der Aufführung beschritt das „Ballet Russes“, das für seine Experimente bekannt war, Neuland. Cocteaus Idee, Fragmente vom Rhythmus des zunehmend indus-trialisierten Alltags einzubringen, fanden später in seinen Filmen eine Fortsetzung. Auch für Picasso war der Ausflug in die Welt der Bühnenkunst von nachhallender Bedeutung. Die kubistischen Gitarren und Kaffeekannen auf Zeitungen sowie die Zirkusszenerien gehörten fortan zum Formenkanon des Künstlers.
Die antike Mythologie mit ihrer zeitlosen Aussagekraft faszinierte beide Künstler lebenslang. Eine zentrale Rolle spielt die Gestalt des Fauns, eines Wesens, das zwischen Realität und Traum wechselt, zwischen den Göttern Apollon und Dionysos. Der Faun ist ein Liebender und ein Verführer mit enger Verbindung zur Natur. In Apolda sind mehrere Lithographien von Picasso aus der Langzeitserie „Tete de Faun gris“ zu sehen, von Cocteau das „Porträt eines Faun“. So ähnlich die Motive, so unterschiedlich sind die Darstellungen. Bei Picasso zeigt sich die Liebe für dieses wandelbare Wesen in Kontrasten und sinnlichem Flötenspiel. Bei Cocteau ist die Darstellung auf eine Linie reduziert, der vor allem die schmollende Mundpartie Bedeutung verleiht.
Unter den über 80 Arbeiten in der Apoldaer Exposition sind zahlreiche Porträts zu sehen, die sich bei Picasso den jeweiligen Partnerinnen zuordnen lassen. Die reduzierten Zeichnungen von Cocteau tragen oft die Züge seines Lebensgefährten Jean Marais. Männer werden bei ihm emotional aufgeladen. Bei seinem Künstlerfreund Picasso wird Männlichkeit zumeist kraftvoll in Göttergestalt dargestellt. Zärtlich ist sie bei Minotaurus, diesem Geschöpf halb Mensch, halb Stier. In ihm hat er sein Alter Ego gefunden.
Die Ausstellung „Pablo Picasso & Jean Cocteau“ ist bis zum 24. August im Kunsthaus Avantgarde zu sehen.
Autor:Online-Redaktion |
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