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Wo war Gott?

Willi Wild, Chefredakteur "Glaube+Heimat" | Foto: Paul-Philipp Braun
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Von Willi Wild

Da hilft nur noch beten. Dieser Satz mag angesichts Hunderter Toter und Tausender Verletzter naiv klingen. Warum sagen wir eigentlich „nur noch“? Ist das Gebet nicht seit Urzeiten die Form des Umgangs mit Freud und Leid, Gott der Adressat meiner Verzweiflung? Wenn die Worte fehlen, können wir uns an die Psalmen halten. „Ich rufe zu Gott, ich schreie, ich rufe zu Gott, dass er mich hört“, so steht es in Psalm 77. Und weiter: „Am Tag meiner Not suchte ich den Herrn; unablässig erhob ich nachts meine Hände, meine Seele ließ sich nicht trösten.“ Der Psalmbeter kennt das Gefühl der Gottverlassenheit und beschreibt die Situation der höchsten Not. „Hat Gott seine Gnade vergessen?“

Man könnte den Eindruck bekommen, dass Gott das Interesse an seinem Volk verloren hat. Hat er seine schützende Hand zurückgezogen? Im Sacharja-Buch wird Gott mit Worten zitiert, die er an sein Volk richtet: „Wer euch antastet, tastet meinen Augapfel an.“ (Sacharja 2,12). Wer also gegen Gottes Volk vorgeht, vergreift sich an dem, was Gottes besonderen Schutz verdient. Aber warum greift Gott nicht ein? Wo war Gott am vergangenen Wochenende? Wo war Gott in Auschwitz?

Aus theologischer Sicht ist das Thema des Leidens eine der schwierigsten und komplexesten Fragen. Die Erfahrung des Leides bleibt nicht zuletzt wegen der Geheimnishaftigkeit und Unbegreiflichkeit Gottes unerklärlich. Alle theoretischen Erklärungsversuche taugen wenig, individuelles Leid einzuordnen. Es wird eher verharmlost und der Leidende in seiner Situation nicht ernst genommen. Als Christen können wir dem Beispiel Jesu folgen und uns auf die Seite der Leidenden stellen. Damit weichen wir der Infragestellung Gottes nicht aus, sondern helfen ganz praktisch, mit dem Leid umzugehen.

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Willi Wild

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