Sonderkonzert in Quedlinburg
Webers musikalische Juwelen
- Chor der Ev. Hochschule für Kirchenmusik Halle unter der Leitung von Peter Kopp
- Foto: David Nuglisch
- hochgeladen von Online-Redaktion
Wien, London, Prag, Dresden und München, Breslau und Weimar – in die illustre Reihe fügt sich Quedlinburg bestens ein. Vom 31. Oktober bis zum 2. November lädt die Internationale Carl-Maria-von-Weber-Gesellschaft zu ihrem diesjährigen Jahrestreffen in die Welterbestadt Quedlinburg ein.
Von Uwe Kraus
Die Jahrestreffen finden jährlich wechselnd in Orten statt, an denen Carl Maria von Weber gewirkt hat und an denen man sich seinem Werk in besonderer Intensität widmet.
„Die Reiseunkosten mit Extrapost von Dresden nach Quedlinburg und zurük, betrugen Sieben und Neunzig Thaler“, schrieb Carl Maria von Weber auf seiner Spesenrechnung „vom 3t July 1824 aus Quedlinburg“. Im Sommer 1824 weilte Carl Maria von Weber einige Tage in Quedlinburg, um die Feierlichkeiten zu Friedrich Gottfried Klopstocks 100. Geburtstag mit mehreren Kompositionen zu umrahmen.
Daran will ein herbstliches Sonderkonzert des Quedlinburger Musiksommers mit Werken des Notenschöpfers erinnern. Neben der „Freischütz-Messe“ erklingt am 1. November ab 18 Uhr in der Nikolaikirche die selten aufgeführte Fest-Kantate „L’Accoglienza“. „Gerne hätten wir natürlich hier in Quedlinburg 201 Jahre später den Programmzettel und die Partituren von damals auf die Pulte gelegt, aber die Werke zum 100. Klopstock-Geburtstag sind derartig opulent, dass wir nicht in die beheizbare Kirche passen würden“, erklärt schmunzelnd Peter Kopp, Rektor der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik Halle, der die musikalische Leitung übernommen hat. „Aber ich bin mir sicher, dass die Werke, die wir spielen, nicht nur unsere Studenten, sondern auch das kundige Publikum aus Weber-Experten aus aller Welt und Quedlinburger Klassikfreunden begeistern werden.“
Der Konzertabend mit dem Chor der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik Halle und der Staatskapelle Halle in der Pfarrkirche St. Nikolai wird Juwelen aus dem Œuvre Webers präsentieren, Stücke, die nur ganz selten von ihm gespielt werden. Nach der Grande Ouverture à Plusieurs Instruments, folgten „L’Accoglienza“, die Begrüßungskantate für Soli, Chor und Orchester, und die Missa sancta No. 1 Es-Dur, die als „Freischütz-Messe“ bekannt ist. Romy Petrick (Sopran), Sophia Maeno (Mezzosopran), Christopher Renz (Tenor) und Jussi Juola (Bass) werden dabei mit Soloaufgaben betraut.
"Die Messe fand bereits bei den Zeitgenossen viel Zustimmung."
Peter Kopp, dessen Hochschulchor rund 50 Sängerinnen und Sänger vereint, erläutert kundig, warum diese hochkarätige Musik zwar nicht verloren gegangen war, aber einfach aus dem Repertoire flog. Weber komponierte1817 für die Namensfeier der sächsischen Prinzessin Maria Anna Carolina eine Kantate, und für ihre Vermählung mit dem Erbprinzen Leopold von Toscana – die eigentliche Trauung wurde am 15. November 1817 in Florenz vollzogen – den musikalischen Teil eines Festspiels. Die große italienische Kantate „L’Accoglienza“ erklang erstmalig am 29. Oktober 1817 und verschwand – wie viele solcher Dedikationswerke – dann erst einmal im königlichen „Archiv“.
„Das ist ein musikalischer Bonbon“, weiß der Hochschulprofessor Kopp. „Ziemlich poetisch und gar nicht so leicht zu singen. Aber es fehlte einfach an inhaltlicher Relevanz. Das Thema Hochzeit im Adelshaus galt in den Konzertsälen nicht als so spannend. So hat erst die Staatskapelle Dresden vor wenigen Jahren das Werk wieder aufgeführt.“ Kopp, der in Wernigerode geboren wurde, freut es, dass das Erbe Webers, der Dresden zur Opernmetropole der Romantik machte, durch die Internationale Weber-Gesellschaft aktiv gepflegt wird. Webers 200. Todestag und 150 Jahre Bayreuther Festspiele seien die zwei großen musikalischen Jubiläen 2026.
Kopp verweist auf den Fleiß Webers in dessen Kirchendiensten, aber auch auf die anspruchsvollen Messen, die er schrieb. „Carl Maria von Weber hat seine Berühmtheit vor allem dem „Freischütz“ zu verdanken, dessen beispielloser Erfolg das übrige Schaffen des Komponisten mehr und mehr in Vergessenheit geraten ließ, obwohl noch bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts Werke wie Preciosa, Oberon und Euryanthe, die Ouvertüren, Solokonzerte und Klaviersonaten oder auch die Lieder und Kammermusiken sich großer Beliebtheit erfreuten und weit über Deutschland hinaus verbreitet waren“, stellen die Klassikforscher fest.
Webers Missa sancta No. 1 in Es-Dur ist auch unter dem Beinamen „Freischütz-Messe“ bekannt, da er sie 1818 während der Arbeit an der gleichnamigen Oper komponierte. Die Messe fand bereits bei den Zeitgenossen viel Zustimmung und zeigt sich auch heute noch als ein reizvolles Werk.
Doch ins Kernrepertoire wanderte die in der Dresdner Hofkirche am 24. März 1818 erstmals komplett erklungene Messe nie. Das sei schade bei einer so hochkarätigen Musik, die der Komponist während seiner Zeit als Dresdner Kapellmeister für seinen Dienstherrn König Friedrich August I. von Sachsen komponierte.
Ähnlich wie bei Mozart oder Verdi verströmt Webers Sakralwerk einen starken dramatisch-lyrischen Impuls. Die Musik reißt das Publikum ganz unmittelbar mit und erreicht das Herz. „Darum freut es mich, dass ich mit meinen Studierenden von der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik Halle, die sich ausführlich mit den drei aufzuführenden Werken befasst haben, quasi vor einem Expertenpublikum musizieren werde“, so Peter Kopp.
Autor:Uwe Kraus |
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.