Wort zur Woche
Nach der Isolation: Gemeinschaft neu schätzen gelernt

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 Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern.
Lukas 12, Vers 48 b

Mein Schreibtisch ist voll! Zu voll! Inzwischen bauen sich die Papiere vertikal auf – Prüfungsunterlagen, Bewerbungen, zu kontrollierende Home-schooling-Ergebnisse, Einsatzpläne, dazwischen die Tasse mit dem bereits erkalteten Kaffee. Jeder abgearbeitete Stapel scheint auf wundersame Weise durch einen höheren ersetzt zu werden …
Meine Bürotür steht offen. „Hast du kurz Zeit?“ Selbstverständlich. Ich sage dem Kollegen nicht, dass er der Fünfte ist, der diese Frage heute stellt. Die Kommunikation während der Pandemie ist eine andere. Jeder Moment des persönlichen Gesprächs erscheint uns im veränderten Schulalltag – ohne analoge Treffen mit Austausch und Diskussion – umso wertvoller. Das Schulteam vertraut mir und ich vertraue ihm. Wir tragen gemeinsam Verantwortung für unsere Schülerinnen und Schüler, die sich in den vergangenen Monaten ganz sicher häufig einer Vielzahl von zu erledigten Aufträgen ausgesetzt sahen.
Im Deutschunterricht der 8. Klasse während der Präsenzzeit üben wir das Erörtern und stellen uns die Frage, ob Homeschooling generell Teil des Schulalltages sein sollte. Die Jugendlichen finden kaum Argumente dafür, verbinden die Idee eher mit der Vorstellung, noch mehr Hausaufgaben erledigen zu müssen. Als Verfechterin der Ganztagsschule verstehe ich genau, was sie meinen. Wie gewohnt zur Schule kommen dürfen, einen geregelten Tag durchlaufen, den sie sich nicht allein strukturieren müssen, die Lehrerinnen und Lehrer sofort um Hilfe bitten können und auch direkte positive Rückmeldungen erhalten, das sind ihre Wünsche. Zudem darf nicht das stabile WLAN Grundlage gelingenden Unterrichts sein, sagen sie mit ihren Worten. "Haben wir euch überfordert?", frage ich. "Ja, zum Teil", ist die Antwort, "aber das Schlimmste war die Isolation." Es klopft an meine Bürotür. „Hast du kurz Zeit?“ Ich lächle über den größten Stapel hinweg und bin Gott dankbar, diesen sinnvollen Dienst an unserer Schule in Gemeinschaft tun zu dürfen. Selbstverständlich!

Sandra Diersch, Leiterin der Ev. Regelschule Gotha

Autor:

Online-Redaktion

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