Kommentar
Ankerkette im Blick behalten

Von Benjamin Lassiwe

Man lässt keine Menschen ertrinken! Punkt!“, rief Pastorin Sandra Bils den Menschen im Westfalenstadion zu. Und Kirchentagspräsident Hans Leyendecker verglich Europas Politiker, die sich gegen eine Aufnahme von Bootsflüchtlingen aus dem Mittelmeer wenden, gar mit Pontius Pilatus. Politisch war der Dortmunder Kirchentag wieder einmal eine Zeitansage – und sogar eine deutlichere, als viele Christentreffen in der Vergangenheit, beginnend mit der Rede des Bundespräsidenten zur Digitalisierung und längst noch nicht endend mit der Unterstützung von „Fridays for Future“.
Nur ein Thema schien im Ruhrgebiet etwas zu kurz zu kommen: Die Frage nach der Zukunft der Kirche an sich. Denn erst vor kurzem hatte eine Studie der Universität Freiburg beiden großen Kirchen eine Halbierung ihrer Mitglieder bis zum Jahr 2060 prognostiziert. Wie sollte man damit umgehen? Im Abschlussgottesdienst hatte Pastorin Bils darauf eine Antwort: Auf Gott vertrauen und losgehen. Neue Formen können gemeinsam alt gewordene Gemeinden weiterbringen und wiederbeleben. Gerade der Kirchentag ist ein Forum für Experimente und neue Ideen. Aber ohne Gottvertrauen geht es nicht.
Zumal sich die Veranstalter des Kirchentags Sorgen machen müssen: Dass der Dortmunder Kirchentag mal eben 20 Prozent weniger Dauerteilnehmer hatte als jener 2015 in Stuttgart, kann man nicht einfach weglächeln. Dass vor allem Gemeindegruppen wegblieben, ist ein Alarmsignal. Die Protestantentreffen leben von ihrer Verankerung an der Gemeindebasis. Bricht die Ankerkette, werden die Kirchentage eine beliebige Funktionärsveranstaltung, von der es nicht nur im kirchlichen Bereich schon zu viele gibt.

Autor:

Online-Redaktion

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