Gemeindeleitung
"Schützt die Institutionen!"

Abstimmung: Die Synode ist ein Leitungsorgan der Landeskirche. Die ge-wählten Vertreter beraten, verhandeln und beschließen Gesetze oder den Haushalt. Zudem wählt die Landessynode den Landesbischof, die Regional-bischöfe und die Dezernenten des Landeskirchenamtes.  | Foto: Foto: Willi Wild
  • Abstimmung: Die Synode ist ein Leitungsorgan der Landeskirche. Die ge-wählten Vertreter beraten, verhandeln und beschließen Gesetze oder den Haushalt. Zudem wählt die Landessynode den Landesbischof, die Regional-bischöfe und die Dezernenten des Landeskirchenamtes.
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Wenn sich in dieser Woche die Landessynode konstituiert, geht es auch um Strukturen. In einer kleiner werdenden Kirche sollen auch die Leitungsaufgaben gebündelt, Stellen gestrichen werden. Was logisch klingt, muss nicht zwingend sinnvoll sein, meint unser Autor.

Von Daniel Schilling-Schön

Als Donald Trump gewählt wurde, schickte mir ein Freund einen Artikel, der mich sehr nachdenklich gestimmt hat. Geschrieben hatte ihn der Dean (Dekan) der Harvard Universität. Deutlich steht mir sein Leitsatz vor Augen: „Schützt die Institutionen!“
In Zeiten der Krise, als die der Dean die Wahl Trumps sah, gewähren nur die Institutionen Schutz vor Willkür und Angriffen auf das Individuum. Die Institution bietet einen Raum, in dem ich mich nicht allein behaupten muss, sondern als ein Teil einer Gemeinschaft verteidigt werde. Sie ist dem Staat und auch der Despotie Einzelner ein Gegenüber. „Schützt die Institutionen!“ Als Skeptiker gegenüber gewachsenen Strukturen fiel es mir schwer, zu verstehen, warum gerade eine Institution mich schützen sollte.
So rief ich meinen Freund, einen alten Professor in Boston, an, und er erklärte es mir: „Daniel, eine Institution, wie eure Kirche, ist zwar schwerfällig und oft auch träge, aber damit bietet sie Widerstand gegen äußere Einflüsse. Wir würden uns freuen, wenn wir Kirchen hätten, die eine eigene Stimme innerhalb der Gesellschaft hätten. Wir würden uns freuen, wenn wir in Krisen mit einer starken Institution reagieren könnten. Schützt die Institutionen!“


 "Warum entwickeln wir die Ämter nicht am Bedarf der Gemeinden und Mitarbeitenden?"

Aufgewachsen bin ich im Südharz, in einem kleinen Dörfchen mit Brockenblick. Mein Vater diente als Superintendent und betreute daneben einen Pfarrbereich mit ca. 600 Gemeindegliedern. Seine Bereitschaft, Verantwortung als Superintendent zu übernehmen, bedeutete nicht die Trennung vom Pfarrdienst. Er fühlte sich gefordert, der Institution Kirche zu dienen. Der Willkür des Staates setzte er so die Kraft des Amtes entgegen. Davon wurde mein Verständnis der Institution Kirche geprägt.
Später begleitete mich im Studium mein Propst. Er fuhr nach Berlin, um uns zu besuchen. Er fragte nach unseren Plänen als Familie. Der Propst gab Ratschläge, setzte sich ein, dass wir als Familie die Stelle in der Kirche fänden, an der wir beide optimal unserem Auftrag nachgehen könnten. Innerhalb der Institution vertrat er unsere Interessen, dafür bin ich heute noch sehr dankbar. Und der Propst sagte damals etwas zu mir, das mich sehr beeindruckt hat: "Wann immer Sie mich brauchen, werde ich innerhalb eines Tages bei Ihnen sein!“ Und diese Zusage hielt er ein.
Heute stehen Ämter und Strukturen zur Disposition. Kirchenkreise sollen vergrößert, Propsteien vereint werden. Geldmangel und Ausdünnung der Gemeinden scheinen dies notwendig werden zu lassen. Alternativlos, so wurde es genannt. Ist dem so? Oder sollten wir uns auf unsere Geschichte besinnen? Früher war ein Superintendent ein Pfarrer in Leitung. Ein Propst betreute seine Gemeinden und betreute daneben die Pfarrer, Gemeindepädagogen und Ehrenamtlichen in Seelsorge und Supervision. In jeder größeren Stadt waren sie zu finden. Kaum unterschied sich ihr Dienst von dem anderer Hauptamtlicher. Weder der Lohn noch der Abstand zu Gemeinden ließen eine Hierarchie erkennen. Mutig stellten sie sich Problemen und wurden durch ihren Auftrag geschützt.
Deutlich steht mir der Ruf des Deans von Harvard vor Augen: „Schützt die Institutionen!“ Wäre es nicht klug, wir würden die Ämter in der Kirche nicht einfallslos wegrationalisieren, sondern sie wieder in den Dienst an der Gemeinde einbinden? Wäre es nicht gute Tradition, wenn Pröpste und Superintendenten weiter in der Nähe der Gemeinden zu finden wären? Warum entwickeln wir die Ämter nicht am Bedarf der Gemeinden und Mitarbeitenden?
In diesen Tagen rief mich mein Freund aus Boston an und lachte am Telefon: „Siehst du, Daniel, wir haben es geschafft, wir haben die vier Jahre mit Trump überdauert! Schützt die Institutionen!“
Das höre ich deutlich und das will ich aus guter Erfahrung tun.

Der Autor ist Pfarrer in Goseck im Kirchenkreis Naumburg-Zeitz.

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