Kreative Corona-Kirche
"Notlösung" macht es bunter

Ist digital besser? Kirchengemeinden wie das Jenaer Lutherhaus (im Bild: Pfarrer Christoph Rymatzki) haben zwar technisch aufgerüstet, machen aber nicht nur positive Erfahrungen. | Foto:  Lutherhaus Jena
  • Ist digital besser? Kirchengemeinden wie das Jenaer Lutherhaus (im Bild: Pfarrer Christoph Rymatzki) haben zwar technisch aufgerüstet, machen aber nicht nur positive Erfahrungen.
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Etwa 30 bis 40 Minuten – so lange dauert derzeit im Schnitt ein Gottesdienst – dort, wo er stattfindet. Pandemiebedingt haben viele Kirchengemeinden im Süden der EKM umdisponieren müssen, um den Hygienevorschriften Rechnung zu tragen.

Von Beatrix Heinrichs

So sei man zum Beispiel in der Predigergemeinde in Erfurt für den Sonntagsgottesdienst in die Aula des Evangelischen Ratsgymnasiums umgezogen, wie Pfarrer Holger Kaffka berichtet. „Unser Refektorium ist als Winterkirche zu klein. Aber wir feiern: Mit Abstand, Registrierung, Masken, ohne Gesang, dafür mit schöner Musik.“ Das tun auch die Christen im Kirchspiel Mellingen-Umpferstedt im Kirchenkreis Weimar. Seit Mitte Mai letzten Jahres werden hier an jedem Sonntag zwei Gottesdienste gefeiert. „Wobei das ›Feier-Gefühl‹ durch das Verbot zu singen zunehmend gedämpft wird“, beklagt Pfarrerin Johanna Oberthür.

Ganz anders sieht das Thomas-Michael Robscheit aus Apolda, wo es derzeit nur einen Gottesdienst in der Lutherkirche gibt. Begleitet wird er durch Instrumentalmusik und Sologesang von Mitgliedern der Gemeinde. „Diese ›Notlösung‹ macht die Gottesdienste aber viel bunter“, ist der Pfarrer überzeugt. Außerdem werde an jedem Sonntag zudem ein Online-Gottesdienst angeboten, der sehr gut nachgefragt werde, berichtet Robscheit. „Damit wollen wir uns auch an die Christen der umliegenden Orte richten, in denen zum Teil gar keine Gottesdienste stattfinden.“

Aber nicht alle Christen sind digital unterwegs. Im Kirchenkreis Südharz, wo man seit längerem das Zusammenwachsen der Gemeinden vorantreibt, entstand ein Audio-Gottesdienst für die Region Harzblick. Die Beiträge aus Ellrich, Ilfeld und Niedersachswerfen sind nicht nur abrufbar als Download, sondern auch als CD kostenlos übers Pfarrbüro bestellbar. Im Kirchenkreis Rudolstadt-Saalfeld hingegen setzt man auf Radio-Andachten, die gemeinsam mit dem Lokalsender „Radio SRB“ produziert werden. „Die Gottesdienste schneiden wir mit und senden Teile davon auch an Chorsänger, um Kontakt zu halten“, sagt Kantorin Katja Bettenhausen.

"Christsein bedeutet gemeinsam Gottesdienste feiern und einander dabei leibhaft zu begegnen.“

Gerhard Jahreis, Jena

Die Erfahrung, dass Online-Angebote nur eine Ergänzung darstellen, hat auch Gerhard Jahreis gemacht. Mit viel Engagement und neuer Technik habe man am Jenaer Lutherhaus eine Live-Übertragung der Gottesdienste auf die Beine gestellt, berichtet der Vorsitzende der Gemeindeleitung. „Dennoch mussten wir bald erkennen, dass eine gewisse Müdigkeit einsetzte, Gottesdienste am Bildschirm zu erleben – auch, wenn sie aus der eigenen Gemeinde kommen", erklärt er. "Christsein bedeutet gemeinsam Gottesdienste feiern und einander dabei leibhaft zu begegnen.“ Ein deutlicher Prozentsatz der ursprünglichen Gottesdienstbesucher habe sich sogar ganz zurückgezogen, sagt Jahreis. Besonders problematisch sei es bei den Kindergottesdiensten. "Die Zahl der Kinder ist dramatisch zurückgegangen. Das hängt auch damit zusammen, dass viele Familien Kinder in verschiedenen Altersstufen haben und die Betreuung jetzt schwieriger zu organisieren ist." Die Kindergottesdienste hätten im Lutherhaus bis zu den Herbstferien im Garten unter einem Zeltdach stattgefunden, berichtet Jahreis. Vor der Wintersaison allerdings habe man mit der finanziellen Unterstützung des  Kirchenkreises einen leistungsstarken Luftreiniger mit H14-HEPA-Filtern gekauft, um die Kinderräume besser zu durchlüften.

Einschränkungen müssen Christen sowohl bei Präsenz- als auch bei Online-Angeboten hinnehmen – Stichwort: Abendmahl. Doch auch hier finden sich Alternativen, wie Pfarrer Frieder Aechtner berichtet. Mit seinen Gemeinden im Pfarrbereich Friemar im Kirchenkreis Gotha habe er am Silvesterabend zum ersten Mal unter Pandemiebedingungen das Abendmahl gefeiert, mit Ausschenkkelch und kleinen Keramikbechern. „Auf diese Weise konnten wir aus einem Kelch trinken und doch die Regeln einhalten. Für alle war es ein ganz wichtiger Moment.“ Nun gebe es Überlegungen, auf diese Weise weitere Abendmahlsfeiern zu gestalten, erklärt Aechtner. "Vielen Gemeindegliedern ist bewusst geworden, wie wichtig ihnen die Gemeinschaft im Abendmahl ist."

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Beatrix Heinrichs

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