Brehm-Stiftung möchte Pfarrhaus erwerben
Der mit den Vögeln spricht

Tierisch engagiert: Jochen Süss, Biologe und Leiter der Brehm-Gedenkstätte | Foto: Doris Weilandt
  • Tierisch engagiert: Jochen Süss, Biologe und Leiter der Brehm-Gedenkstätte
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Als „Zeit der Ernte“ bezeichnet der Biologe Jochen Süss die jetzige Situation auf dem Brehm-Hügel in Renthendorf (Kirchenkreis Eisenberg).

Von Doris Weilandt

Hier liegen die ehemaligen Wirkungsstätten von Christian Ludwig Brehm (1787–1864) und seinem Sohn Alfred Brehm (1829–1884) eng beieinander. Das Wohnhaus des Tiervaters ist zu einem Museum ausgebaut, in dem der Besucher Tiere so erleben kann, wie sie ihr Erforscher im 19. Jahrhundert gesehen hat: als denkende und fühlende Wesen. Gerade ist der historische Rosengarten fertig geworden. In ihm finden sich nur Rosen, die vor 1867 bereits in Kultur waren. Die alte Hausbibliothek der Brehms ist mithilfe der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts restau-riert worden und damit für die Nachwelt gerettet.

Erst vor wenigen Tagen konnte Süss den Thüringer Denkmalschutzpreis entgegennehmen. Im März bekam er für sein Engagement zur Erhaltung des Brehm-Andenkens das Bundesverdienstkreuz am Bande. „Brehms Welt“ ist zudem in die Landesliste „Immaterielles Kulturerbe“ aufgenommen und gehört nun zu den wenigen Kandidaten für die Bundesliste.

Das lockt Besucher ins idyllische Renthendorf, das sich weit ab von den Zentren den ursprünglichen Charme der Ostthüringer Tälerdörfer bewahrt hat. Wer heute „Brehms Welt“ betritt, wird von Vogelstimmen empfangen. Deutlich ist ein Kuckuck zu vernehmen, der sich scheinbar aus einem Walddickicht meldet. Pfarrer Christian Ludwig Brehm hat nicht nur diese Art systematisch gesammelt und fachmännisch präpariert. Er hat ganze Serien zu heimischen Arten angelegt und damit die Vielfalt innerhalb einer Spezies dokumentiert. Bewogen hat ihn dazu Gottes Schöpfungswerk. „Anhand der Vögel hat er die Pracht der Schöpfung dargestellt“, erklärt Süss.

Diese Forschungen, die vor Darwins Evolutionsbiologie unternommen wurden, sind heute noch von großer Bedeutung für die Wissenschaft. Über 150 Jahre lässt sich die Veränderung der Vögel in Raum und Zeit, durch Umwelteinflüsse oder anderes, genau feststellen. Der Großteil der ursprünglich aus 9000 Bälgen bestehenden Sammlung ist längst nicht mehr in Renthendorf. Digital gelangt man ins Forschungsmuseum König nach Bonn und bekommt dort einen Einblick in die Bestände und die Arbeit mit den Brehmschen Präparaten. In der Vitrine vor dem Bildschirm ist eine Serie im Original zu sehen, dazu das Buch von Christian Ludwig Brehm mit der Beschreibung der Vögel.

Sehr anschaulich wird der Verlust an Biodiversität beim Blick in eine Vogelvitrine mit 93 Präparaten: 41 Prozent und damit fast die Hälfte aller Arten, die Brehm bis ins kleinste Detail beschrieben hat, sind stark gefährdet oder bereits ausgestorben. Für Süss ist Christian Ludwig Brehm „einer der fünf wichtigsten Pastoren der Kulturgeschichte“. Deshalb möchte die Brehm-Stiftung das Pfarrhaus erwerben, sanieren und darin Gedenkräume einrichten. Derzeit befindet sich dort schon eine Natura-2000-Station. Die Verhandlungen mit der Kirchengemeinde seien auf einem guten Weg.

In den oberen Räumen des Museums begegnet der Besucher Sohn Alfred Brehm, der aus dem Dunkel der Vergangenheit tritt, um über sein Leben zu sprechen. Seine Tagebücher zu Forschungsreisen nach Spanien und durch Westsibirien erzählen anschaulich von den großen Expeditionen, die der Biologe unternahm. Noch ist das Museum nicht vollendet. Süss zeigt die Pläne für das künftige Empfangsgebäude, das auf den Grundrissen alter Bausubstanz bis 2023 errichtet werden soll. Die 1,7 Millionen Euro Baukosten sind bereits bewilligt.

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