In 80 Stunden den Tisch des Herrn gefertigt

Altar kehrt auf Rädern zurück

Etwas vergilbte Fotos zeigen eine Kapelle mit Altar, Kerzen und vielen Kirchenbänken. Die Außenwände des langgestreckten, schlichten Baus sind zwischen den Fenstern von Efeu umrankt.

Von Uwe Kraus

Wer ihr Erbauer war? Die Quellenlage nennen Bauhistoriker dünn. Die Hoymer kennen das Gebäude zumeist nur als Kulturhaus der Schloss Hoym Stiftung. Sicher scheint: Die Kapelle wurde in der Zeit nach 1890 mit den anderen heutigen Wohngruppenhäusern erbaut.

Im Archiv des Landkreises findet sich ein Antrag des Kreispflegeheims „Rosa Luxemburg“ Hoym an den Rat des Kreises Aschersleben. Die Einrichtung bat 1957 um die Umgestaltung des Kapellenraumes.

Der Rat des Kreises gab dazu grünes Licht, "insoweit, dass vor dem Altar und der Kanzel ein Vorhang angebracht wird, um den Raum auch zu außerkirchlichen Zwecken benutzen zu können.“ heißt es im vom Sachgebietsleiter Hochtanz unterzeichneten Schreiben.

Die ehemalige Kapelle mit Altar, Kanzel, und Kirchenfenster nutzte man seit dieser Zeit für kulturelle Veranstaltungen, 1975 wuchs ein ein Anbau an die ehemalige Kapelle für Küchen- und Sanitärräume. Seither feierten Bewohner und Hoymer Bürger hier Fasching, gingen tanzen, erlebten Theateraufführungen, saßen privat und kollektiv zusammen. Wo der Altar nebst Kreuz, Decke und Schmuck geblieben sind – niemand konnte die Frage bisher beantworten. Klar sei unterdessen: 1957 gab es nachweislich noch den Altar und die Kanzel. Mutmaßlich in den 1970er-Jahren sei dann alles gänzlich verschwunden.

Mit einer Andacht "begrüßten" Ende Februar Pfarrerin Franziska Rotte, Bewohner und Betreuer der Schloss Hoym Stiftung nun ihren neuen Altar. Geschaffen hat den der heimische Tischler und Zimmermann Thomas Schwendtke. "Eine Meisterleistung", sind sich Geschäftsführer René Strutzberg und Christina Härtling einig. Der Handwerker mit eigener Firma hat mit ihnen Maß genommen, alte Aufnahmen gesichtet und dann den Altar und das darauf abgestimmte Kreuz geschaffen. "80 Stunden Arbeitszeit kommen da schon zusammen. Dazu haben wir Eschenholz genommen."

Erst auf den zweiten Blick sieht der Gottesdienstbesucher dabei, dass der Altar auf Rollen steht, um das Klubhaus nicht nur für die Andachten zu nutzen. Vorbei sei die Zeit, in der ein weißes Tuch einen Tisch als Altar-Ersatz bedeckte. Zu so einem Altar gehöre aber auch ein Altartuch, ein Antependium. Gewebt haben das Gabriele Bilda und ihre Tochter Teresa Sophie in Thale. Christina Härtling und der Arbeitskreis Christliche Angebote der Stiftung Schloss Hoym hatten die Gestalterinnen während ihres Gestaltungsprozesses getroffen und mit ihnen Farben und Materialbeschaffenheit besprochen. Für Pfarrerin Rotte zeigt der Altar, dass Gott vor Ort ist. Das robuste Tuch da-rüber bildet die Arche Noah und einen Regenbogen ab, so dass in der Andacht das Regenbogen-Lied nicht fehlen durfte.