Wort zur Woche
Wie der Sorgenvogel fliegen lernt

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Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.
1. Petrus 5, Vers 7

Klingt gut, dieser Satz. So wohltuend. Wirklich? Ich erinnere mich an meine Patentochter: Als sie noch klein war, habe ich ihr eine Sorgenfresser-Puppe geschenkt. Die hatte einen Reißverschluss als Mund. Reißverschluss auf, Sorgen rein, Reißverschluss zu, fertig. Schönes Geschenk, dachte ich. Doch die Kleine hat sich fürchterlich beschwert: „Das klappt nicht!“ Stimmt leider.

Manche Sorgen lassen sich nicht einfach wegschließen, weder Kinder- noch Erwachsenensorgen. Sie bereiten schlaflose Nächte, lassen mich nicht los, treiben das Gedankenkarussell in meinem Kopf an. Wohin also mit den Sorgen, wenn das mit dem Reißverschluss nicht funktioniert?

Der Verfasser des Petrusbriefes kannte seine Bibel gut. Hinter seinen Worten verbirgt sich ein Zitat aus Psalm 55: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn; der wird dich versorgen und wird den Gerechten in Ewigkeit nicht wanken lassen.“ (Psalm 55,23) Psalm 55 ist ein Klagepsalm, leidenschaftlich schreit hier ein Mensch seine Nöte heraus. Er macht das, was auch der Briefschreiber des Petrusbriefes anbietet: Er wirft, er schleudert seine Sorgen aus seinem Herzen heraus. Nicht ohne Ziel: Gott ist sein Ziel, seine Adresse. Ihm wirft er alles vor die Füße.

Also: Reißverschluss auf! Raus mit allen Sorgen. Sie nicht übermächtig werden lassen. Martin Luther soll einmal gesagt haben: „Man kann nicht verhindern, dass die Sorgenvögel über unserem Kopf kreisen. Aber man kann sehr wohl vermeiden, dass sie Nester auf meinem Kopf bauen.“ Vermeiden durch Werfen, Abwerfen, Loslassen. Klingt einfach, kann aber ein ziemlicher Kraftakt sein. Doch Ausprobieren lohnt sich.

Und dann? Hoffen. Vertrauen. Zutrauen. Dass Gott sorgt. Dass er sich um mich, und dass er für mich sorgt. Das ist nicht blauäugig. Das ist ein Geschenk: Ich habe eine Adresse für meine Sorgen. Damit lösen sie sich nicht in Luft auf. Aber sie werden tragbarer. Weil da ein Gott ist, der zu mir sagt: Ich höre dich. Ich bin bei dir. Ich trage mit dir.

Cornelia Biesecke, Pfarrerin in Eisenach

Foto: privat
Autor:

Online-Redaktion

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