Inklusion und Exklusion in der Bibel

Durch die Bibel zieht sich als roter Faden die Botschaft von der Vielfalt der Schöpfung – mit und ohne Handicap. | Foto: Towfiqu barbhuiya/pexels.com
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Wer sich in der Bibel auskennt, weiß, dass sie zu einigen Themen unterschiedliche, teilweise widersprüchliche Ansichten präsentiert.

Von Sabine Kuschel

Das trifft auch im Blick auf Menschen mit Behinderungen zu. Schauen wir zuerst auf eine Passage, die aus heutiger Sicht problematisch erscheint, weil sie von Ausgrenzung spricht, die das moderne Konzept der Inklusion vermeiden will. Wie im Alten Testament zu lesen ist, sind zum Priesteramt nur Menschen ohne jeglichen Makel zugelassen. „Denn keiner, an dem ein Fehler ist, soll herzutreten, er sei blind, lahm, mit entstelltem Gesicht, mit irgendeiner Missbildung oder wer einen gebrochenen Fuß oder eine gebrochene Hand hat oder bucklig oder verkümmert ist oder wer einen Fleck im Auge hat …“, heißt es im 3. Buch Mose 21, Vers 18.

Das ist harter Tobak. Dieser Text besagt eindeutig, dass nur körperlich unversehrte Menschen Priester sein dürfen. Behinderte sind ausgeschlossen. Ja, sogar wer sich den Fuß gebrochen oder einen Schönheitsfehler im Gesicht hat, darf das Priesteramt nicht ausüben.

Die großen Gottesmänner wiederum – Mose und Jakob – waren behindert. Mose hatte vermutlich eine Sprachstörung und Jakob ein Hüftleiden, er hinkte. Der Hinweis, dass Mose jedenfalls nicht redegewandt war, klingt in dem bemerkenswerten Gespräch zwischen ihm und Gott an. Mose wehrte sich gegen seine Berufung von Gott mit den Worten „ich bin von jeher nicht beredt gewesen …; denn ich habe eine schwere Sprache und eine schwere Zunge.“ (2. Mose 4, Vers 10). Gott entgegnete ihm: „Wer hat dem Menschen den Mund geschaffen? Oder wer hat den Stummen oder Tauben oder Sehenden oder Blinden gemacht? Habe ich‘s nicht getan, der Herr?“ Diese Antwort lässt darauf schließen, dass Krankheiten und Behinderungen gottgegeben sein können. Eine wichtige Ermahnung für den Umgang mit Behinderten findet sich neben dem Gebot der Nächstenliebe: „Du sollst dem Tauben nicht fluchen und vor den Blinden kein Hindernis legen (3. Mose 19, Vers 14).


„Du sollst dem Tauben nicht fluchen und vor den Blinden kein Hindernis legen"

Nehmen wir einige Abschnitte im Neuen Testament unter die Lupe: In der christlichen Verkündigung wird Jesus präsentiert als derjenige, der Tabus brach, sich Blinden, Lahmen und Aussätzigen zuwandte und keine Berührungsängste kannte. Ausgegrenzte holte er wieder in die Gemeinschaft, wie am Beispiel der Zöllner zu sehen ist. Sie waren unbeliebt und wurden gemieden. Vermutlich, weil sie bei der Steuereinnahme kräftig in die eigenen Taschen wirtschafteten. Jesus lud sie demonstrativ ein, saß gemeinsam mit ihnen und seinen Jüngern an einem Tisch, was von seinen Gegnern durchaus beargwöhnt wurde.

Mehrere Geschichten berichten von Jesus als dem großen Wundertäter, der Menschen heilte. Er schenkte Blinden das Augenlicht, Tauben das Gehör. Stumme konnten sprechen und Gelähmte gehen. Diese Heilungs- und Wundergeschichten eignen sich jedoch nicht als Argument für Inklusion. Das moderne Konzept, wie es bis heute entwickelt und vielerorts praktiziert wird, strebt das gemeinsame Leben und Lernen von Menschen mit und ohne Behinderung an. Es geht nicht darum, dass Menschen von ihren Behinderungen geheilt werden, sondern sie sollen mit ihren Einschränkungen und Handicaps in unserer Gesellschaft ihren Platz finden.

Der Fokus in den neutestamentlichen Erzählungen hingegen liegt nicht auf der Inklusion von Menschen mit Behinderung, sondern auf deren Heilung und Befreiung von Sünden. Voller Dankbarkeit für ihre Genesung kehrten sie um von ihrem bisherigen Lebenswandel und begannen ein neues Leben.

Das Modell der Inklusion lässt sich zwar nicht aus der Bibel ableiten. Es wäre jedoch eine Fehlinterpretation, zu schließen, dass die Gemeinschaft von Menschen mit und ohne Behinderung nicht dem Sinn der Bibel entspräche. Durch die ganze Heilige Schrift zieht sich als roter Faden die Botschaft von der Vielfalt der Schöpfung und von der Liebe Gottes zum Menschen. Wie könnte es diesem Gott, der Liebe ist, nicht gefallen, dass alle Menschen, so oder so, sich entsprechend ihren Gaben und Fähigkeiten entwickeln und einbringen können!

Autor:

Online-Redaktion

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