Blickwechsel
Ecuador: Abgestimmt für den Urwald

Umweltschäden: Alte Erdölleitungen im Nord-osten Ecuadors. Texaco hat von 1964 bis 1990 hier Öl gefördert. | Foto: epd-bild/Regine Reibling
  • Umweltschäden: Alte Erdölleitungen im Nord-osten Ecuadors. Texaco hat von 1964 bis 1990 hier Öl gefördert.
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Soll das Erdöl unter dem Nationalpark Yasuní im Osten Ecuadors für immer im Boden bleiben? Um diese Frage ging es bei einem landesweiten Volksentscheid, der zusammen mit den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfand.

Von Sonja Gündüz

Das Ergebnis: 59,31 Prozent der Wählerinnen und Wähler votierten für ein Ende der Förderung in einem der größten Ölfelder des Landes.

Es war das erste Mal, dass es eine Bürgerinitiative in Lateinamerika schafft, eine solche Frage an die Urnen zu bringen – und das Resultat ist juristisch bindend. Entschieden wurde über den sogenannten Konzessions-Block 43 des Yasuní – ein Gebiet tief im Amazonas-Regenwald, das pro Hektar mehr Artenvielfalt aufweist als der gesamte nordamerikanische Kontinent. Zudem leben hier die letzten drei nicht-kontaktierten indigenen Völker Ecuadors.

International in die Schlagzeilen kam der Nationalpark mit der Yasuní-Initiative von Ex-Präsident Rafael Correa (2007–2017). Er warb damals für die Idee, das Erdöl im Boden zu lassen, um den für das Weltklima wichtigen Wald zu schützen, wenn die Industriestaaten dem kleinen Andenland die Hälfte des Wertes des geschätzten Vorkommens zahlten. Doch das Vorhaben scheiterte – unter anderem an der Absage des damaligen deutschen Entwicklungsministers Dirk Niebel (FDP).

Das zivilgesellschaftliche Bündnis Yasunidos wollte das nicht akzeptieren und sammelte Hunderttausende Unterschriften, um eine nationale Volksabstimmung durchzusetzen. Doch die damalige Regierung verhinderte einen Volksentscheid. Der Wahlrat erklärte viele Unterschriften für ungültig, und 2016 begann die Ölförderung. Nach zehn Jahren juristischer Auseinandersetzungen entschied der Oberste Gerichtshof Ecuadors dann: Die Unterschriften waren gültig, eine Volksabstimmung konnte stattfinden.

Die Initiative jedoch hatte im Vorfeld starken Gegenwind. Linke wie rechte Regierungen setzen seit jeher auf die Rohstoffausbeutung. Die ehemalige Finanzministerin Wilma Salgado argumentierte, dass die Ausbeutung des Yasuní nicht nötig sei, um Staatsausgaben zu decken. «Allein 2021 hat der Staat Firmen und Privatpersonen sogenannte Steueranreize von insgesamt 6,3 Milliarden Dollar gewährt.» 598 Millionen davon seien Steuerprivilegien für die zehn Prozent reichsten Privatpersonen. Würde man diese streichen, hätte der Staat viermal so viel Geld für Sozialausgaben zur Verfügung wie der durchschnittliche jährliche Gewinn aus der Erdölförderung.

Bergbau- und Energieminister Fernando Santos sah das anders: «Die Einnahmen dieses Landes beruhen auf der Rohstoffausbeutung, deshalb müssen wir mit ihr leben.» Ließe man das Erdöl in Ecuador im Boden, produziere es ein anderes Land. Zwar sei der Rückgang der Öl-Nachfrage absehbar, sie werde jedoch zweifellos durch den Bergbau ersetzt.

(epd)

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