Kommentar
Wie wir leben wollen

Von Joachim Liebig

Vor mehr als einer Woche stirbt ein junger Mann in Köthen. Vorangegangen ist ein Streit, an dem auch Asylbewerber beteiligt sind. Die Todesursache wird forensisch geklärt. Doch der zutiefst bedauernswerte Tod dieses jungen Menschen wird schnell instrumentali-siert, um Grundsatzfragen zur Asylpolitik in Parolen auf die Köthener Straßen zu bringen.
Die Kirchengemeinden vor Ort reagieren umgehend mit Friedensgottesdiensten und Gebeten. Längst geht es dabei um mehr: Wie wollen wir in unserem Land zusammen-leben? Die Situation von Flüchtlingen ist dabei nur ein Aspekt. Zu beobachten ist ein völliger Verlust von Respekt vor Institutionen – und eine noch größere Respektlosigkeit im Umgang mit anders Denkenden.
Im friedlich wiedervereinigten Deutschland kann es indes keine belastbare Gemeinschaft geben ohne einen respektvollen Umgang miteinander. Natürlich müssen ganz offen die Gründe für die Wut der Menschen auf der Straße ergründet werden. Möglicherweise ist aber die tiefgreifende Spaltung unserer Gesellschaft zu lange unterschätzt worden. Ein schlichtes »Weiter so« ist dabei ebenso untauglich wie Wut oder Hass es sind. Nicht zuletzt die Kirchen haben 1989 das Instrument des Runden Tisches als bleibenden Beitrag für den Ausgleich unterschiedlicher Interessen initiiert.
Es wird viele lokale und regionale Runde Tische brauchen, um der Spannung in unserer Gesellschaft auf die Spur zu kommen und einen Beitrag zur Lösung der Konflikte zu leisten. Jetzt ist die Zeit dafür. Die Erfahrungen der friedlichen Revolution lassen hoffen, es möge erneut gelingen.

Der Autor ist Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts und Vorsitzender des Evangelischen Presseverbandes in Mitteldeutschland (EPVM)

Autor:

Online-Redaktion

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