500 Jahre Täuferbewegung
Steinmeier: Tradition als «kostbares Erbe»

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In Hamburg wurde am Sonntag das 500-jährige Bestehen der christlichen Täuferbewegung gefeiert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht deren Tradition als «kostbares Erbe».
Hamburg (epd). Mit einem Festakt und einem ökumenischen Festgottesdienst ist am Sonntag in Hamburg das 500-jährige Bestehen der christlichen Täuferbewegung gefeiert worden. Zu den rund 400 Gästen des Festaktes in der Christuskirche der Baptistengemeinde Hamburg-Altona zählten auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs.
Vielen Menschen sage der Begriff Täufer heute kaum noch etwas, dabei habe diese vielfältige Gemeinschaft «große Ideen mit in die Welt gebracht», sagte Steinmeier in seiner Rede. Zentrale Ziele der Bewegung seien individuelle religiöse Freiheit und ein Verlangen nach größerer sozialer Gerechtigkeit gewesen. Ihre Tradition der Gewaltlosigkeit, der Mündigkeit jedes Einzelnen und der Freiheit sei «ein kostbares Erbe», sagte Steinmeier.
Die Täufer hätten Mündigkeit nie als das verstanden, «was wir heute mit einer Prise Egoismus 'Selfcare' nennen», so der Bundespräsident. Für sie bedeutete es, Verantwortung für andere und das Gemeinwohl zu übernehmen. In einer Zeit beispielloser Vielfalt in der Gesellschaft brauche die Demokratie mündige Bürgerinnen und Bürger, die «Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen», um Unterschiede als Bereicherung zu erleben, sagte Steinmeier.
Auch das Ideal der Gewaltlosigkeit der Täuferbewegung sei wichtig in einer Zeit, in der die Demokratie bedrohlich stark angefochten werde. «Wir sind aufgerufen, miteinander zivil und mit Argumenten und Respekt gleichermaßen um die beste Lösung zu streiten», sagte der Bundespräsident.
Astrid von Schlachta vom Verein «Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung 1525-2025» sagte, ein Anliegen der Jubiläumsfeier sei es, «nicht in der Geschichte stehenzubleiben, sondern ins Heute zu gehen». Die Bewegung stehe seit jeher für die Freiheit des Glaubens und die Ablehnung von Gewalt. «Die Täufer mahnen uns, Freiheit nicht aufs Spiel zu setzen.»
Aktuell seien Ausgrenzung und Moralisierung «an der Tagesordnung», Feindbilder hätten Hochkonjunktur. Wer Anderen Freiheit zugestehe, müsse jedoch zuhören und andere Meinungen respektieren. «In einer Demokratie und auch in christlichen Gemeinden kann es nie nur eine Meinung geben», sagte von Schlachta.
Als Geburtsstunde der Täuferbewegung gilt die erste Glaubenstaufe am 21. Januar 1525 in Zürich. Die Täufer setzten sich für radikalere soziale Reformen im Christentum ein als etwa die Reformatoren Martin Luther und Huldrych Zwingli. Sie traten für eine geschwisterliche Kirche ohne Hierarchie und Klerus ein. Seit dem 16. Jahrhundert wurden die Täufer verfolgt, Tausende starben. Viele Anhänger emigrierten, vor allem nach Nordamerika. Allen täuferischen Strömungen gemeinsam sind die Erwachsenentaufe und die strikte Ablehnung von Gewalt.
Über Jahrhunderte hätten die Täuferinnen und Täufer als «Schwärmer» gegolten und seien als Nonkonformisten ausgegrenzt worden, sagte Andrea Strübind, Professorin für Kirchengeschichte an der Universität Oldenburg, in ihrer Rede. Dabei könne auch Deutschland von Minderheiten mit alternativen Denkweisen profitieren:
Sie böten ein innovatives Potenzial für gesellschaftliche Veränderungen. Doch viel zu lange hätten sich täuferischen Minderheitenkirchen aus Politik und Gesellschaft zurückgehalten, sagte Strübind.
Besonders jetzt sei der Ruf nach Friedenstüchtigkeit unverzichtbar im öffentlichen Diskurs, ergänzte von Schlachta. Die täuferische Geschichte habe gezeigt: «Gewalt beginnt viel früher als mit der tätlichen Attacke». Sie beginne bereits dort, wo andere beschimpft werden. Der Ruf nach Friedenstüchtigkeit dürfe nicht als «naiv» stigmatisiert werden, auch wenn er nur eine Mahnung zur Besonnenheit im allgegenwärtigen Kriegsgeheul sei. «Die leise Stimme ist stets eine wichtige und nötige Stimme», sagte von Schlachta.
Autor:Online-Redaktion |
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